Dem Herrn Paulsen sein Kiosk
Mittwoch, 5. Juli 2006
Sport ist auch keine Lösung

Vorbei ist es also mit dem neuen deutschen, Fahnen schwenkenden, „Wir sind Wir“-Gefühl, mit der aufkeimenden Meinung wir seien sogar wieder irgendwer, irgendwie. Wir sind bestenfalls gute Gastgeber, geschlagen von einer bis ins Mark korrumpierten Mannschaft, deren Verantwortlichen zum Endspiel ein Gerichtsurteil erwarten. Mit dem Ausscheiden der Deutschen Nationalmannschaft hat es ein Ende mit dem, leider sogar vom gesamtdeutschen Feuilleton herbei geschriebenen, neuen Selbstwertgefühl. Eines hat das Feuilleton nie begriffen: dass die Fahnenschwenkerei immer nur einer gut vorbereiteten und mit allen Deutschen Tugenden ausgestatteten Mannschaft galt. Dem Deutschen Sportsfreund bleibt ein, gesichert, europäisches Finale und der Blick nach Frankreich. Dort zappeln die nicht überführten Radrennfahrer durch Bergketten und Verdachtsmomente, ein ganzer Sport zerstört von Sportärzten, Beratern und Teamleitern. Und spätestens wenn Paris erreicht ist, kehrt Ruhe ein in Deutschland, die Fahnen werden, ganz sicher, eilig vom Balkon gepflückt. Und Deutschland, wie ein berauschter Teenager, nach der ersten Disko-Nacht, verkatert, schlecht gelaunt und mit der nur langsam glimmenden Erkenntnis, dass das Leben eben nicht immer nur Disko und Pommes ist.

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