Dem Herrn Paulsen sein Kiosk
Sonntag, 31. Mai 2009
Konzert Review: ZZ Top, Stadtpark Hamburg 30.05.09

"Ich habe die Kompositionsstrukturen in Hunderten von Rocksongs studiert, um etwas mehr Abwechslung in unsere Musik reinzubringen. Dazu meinte mein alter Freund und Produzent Bill Ham: "Glaubst du wirklich, daß du mit einer Komposition beeindrucken kannst, die anders ist als Vers, Vers, Vers, Gitarrensolo, Vers, Gitarrensolo, Ende?" Und er hat recht, genau das ist und bleibt die Magie unserer Musik."

Billy Gibbons

Die Herrschaften lassen auf sich warten. Ein tätowierter Bodybuilder mit Stubenfliegen-Sonnenbrille und pomadigem Haar legt zur Überbrückung der Wartezeit auf der Bühne CDs ein. Rockradio. Das geht auch eine viertel Stunde gut, dann die ersten Pfiffe. Nach einer halben Stunde entstehen größere Tumulte im Publikum, Heidi Kabels Klassiker „In Hamburg sagt man tschü-üs!“ wird intoniert, der „DJ“ hält mit Kid Rock dagegen.
Zeit für Erinnerungen.

Als sich ZZ Top 1969 gründeten war ich mit meiner eigenen Geburt beschäftigt, die Herren erreichten mich erst 1983 mit dem Album „Eliminator“, all killers, no fillers, ZZ Tops Jahrhundertalbum, die zugehörigen Videos liefen unausweichlich und heavy rotation auf MTV. Weltraumelektroblues. Auf dem Flohmarkt kaufte ich damals ihr 1975er Album "Fandango" und war erstaunt: erdiger Blues und das superlässige „Mexican Blackbird“ weckten mein Interesse für die Bluesmusik.

1995 sah ich die Band live auf dem Midtfyns Festival in Dänemark, das war gewaltig, erschütternde Riffs, röhrende Gitarrenläufe, digitale Gewitter über fliehenden Bassläufen. Wieder einige Jahre später bereiste ich mit meinem Freund Bruce die Südstaaten, eine Reise nach New Orleans, Memphis, Nashville, eine Bildungsreise zu den Wurzeln von Blues, Country, Rock n´ Roll und Zydeco. Wer einmal in einem fetten Mietwagen, mit runtergekrubelten Fensterscheiben, durch die flirrende Hitze der Sümpfe gefahren ist und dazu ZZ Tops „My Head´s in Mississippi“ lautstark aus den Boxen, der weiß die „Lil Ole Band from Texas“ zu schätzen.

Leider spielt der „DJ“ jetzt schon eine Stunde. Das Publikum winkt ihm mit Eintrittskarten zu bis er aufgibt. Nein, leider nicht ganz. Der Rock-Radio-Quatsch kommt jetzt von hinter der Bühne. Schlechte Laune beim Publikum, hier weiß man, die Zeit läuft, im Stadtpark ist um halb Zehn Schluss, Lärmschutzbestimmungen. Und beim Eintrittspreis von knapp 70 Euro ist der Unmut auch verständlich.

Endlich furzen ZZ Top das erste Riff in den blauen Abendhimmel, das sind sie: Billy Gibbons, ganz mager, flatternde Bundfaltenhose in Biker-Boots, Dusty Hill schnallt sich den Bass vors Bäuchlein, Frank Beard klettert hinter seine imposanten Boombox mit bedrohlichen zwei Bassdrums! Der Zug nimmt Fahrt auf und ZZ Top tun das was sie am besten können: donnernden Blues-Metal, fliegenden Hard Rock-Boogie, schicken Gitarrenriffs wie Surfbretter übers Menschenmeer. Bewegen tun sich die älteren Herren dazu nur minimal, was der Lässigkeit eine gewisse Beiläufigkeit hinzufügt. Leider geht’s dann im Mittelteil ins Blues-gekniddel, minutenlange Solos, mit Kreischrückkopplung, anstrengend. Die Hits kommen dann wieder prächtig, der Reihe nach, satt und saftig, überraschungsarm aber prima. ZZ Top eben. Routiniert und albentreu auf den Punkt wird das OEuvre der Band nachgespielt. Leider kein Mexican Blackbird und auch kein Head in Mississippi. Grußlos verlassen die Herren Punkt halb Zehn die Bühne.

Da mochte kein lodernder Funke überspringen, noch beim Rausgehen überall Genörgel über das Preisleistungsverhältnis. Ich fands auch so mittel und kam darüber mal ganz generell ins Grübeln: ich sollte mit diesen Altherrenbands aufhören. Ich sollte die großartigen Dinosaurier der Musikgeschichte in guter Erinnerung behalten, bevor sie anfangen zu langweilen. Lieber verstärkt noch mehr frische Bands sehen. Für neue Erinnerungen.

http://www.zztop.com/

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Freitag, 29. Mai 2009
Klingendes Video zum Wochenende (54): PacoVolume "CookieMachine"

Das ist warum ich Musik liebe: immer wenn man sich gerade altersmüde zurückziehen will, im festen Glauben alles irgendwie gehört, gerockt und mitgesungen zu haben, wenn man sich vornimmt jetzt einfach mal wieder den alten Kram zu hören, der da in Form einer Plattensammlung in der Ecke einstaubt, dann kommt da plötzlich wieder eine Band um die Ecke, die der Musikgeschichte zumindest Persönlichkeit hinzuzufügen hat, sich mit nur einem einzigen Song sofort in Herz, Bauch und Hirn spielt, schönes Video inklusive. Meine Damen und Herren: hier kommen PacoVolume aus Paris.

PacoVolume:
http://www.myspace.com/pacovolume

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Neue Termine für Depeche Mode Konzerte in Deutschland

Bei Depeche Mode Sänger David Gahan wurde nach seinem Zusammenbruch am 12. Mai in Athen ein bösartiger Tumor entdeckt, der mittlerweile in New York entfernt wurde. Gestern wurde bekannt gegeben, dass Gahan auf dem Wege der Besserung ist und schon am 8. Juni (ursprünglich 7. Juni) in Leipzig wieder auf der Bühne stehen will. Die ersten Deutschlandtermine müssen dennoch verschoben werden, die neuen Tourdates gibt es hier bei depechemode.de.

Der Kiosk atmet auf und wünscht gute Besserung! Zur Überbrückung der Wartezeit hier eine Studiosession zur aktuellen Single "Wrong":

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Mittwoch, 27. Mai 2009
MashUp of the week (14): The Fugees vs Max Romeo - Ready or not (Dreadsquad Blend)

Das Ding läuft bei mir schon seit Wochen heavy rotation, grade merk ich, ich hab das noch garnicht vorgestellt, also:

Dreadsquad, ein polnisches Soundsystem, haben den Klassiker "Chase the Devil" von Max Romeo mit dem The Fugees Hit "Ready or not" zu einem schmooven MashUp vermählt.

Zum Kopfnicken schön!

Download via audiporncentral

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Dienstag, 26. Mai 2009
Tobias Premper "Greetings from Puggyland"

Hurra! Das neue Buch von Freund Tobias Premper ist fertig! Der Künstler und Autor von Büchern wie "16 Seconds Happy", "Die Spatzen sind unruhig", "Alles, die Sonne, alles" und "Gott nennt mich Gott" schreibt über sein neues Buch:

"Greetings from Puggyland" gibt's in einer nummerierten und signierten Auflage von 20 Exemplaren (die Nummern 1 bis 5 enthalten tolle Extras). Achtung: Sagt es nicht euren Eltern weiter, denn "Greetings from Puggyland" ist erst ab 18! Dieses Mal mit von der Partie: Die schönsten Frauen der Welt, Mopshunde, natürlich ein Esel, Kühe, Bonnie (der schleicht sich auch überall rein), Katzen, Blumen und exklusive Eindrücke aus Tobias Prempers Küche. Infos zur Ausstellung in Berlin folgen! Viel Spaß!

Und das Beste: auf Tobias Prempers Website kann man schon mal reinschauen ins Buch, blättern Sie hier:

bremsspur.net

Der Kiosk-Krisenmanagementsfinanzsberater rät: Jetzt in der Krise Kunst kaufen, solang ihre Kohle noch was wert ist! Immobilien sind schön, aber schwer. Kunst macht glücklich!

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Montag, 25. Mai 2009
Konzert Review: Matt and Kim, 24.05.09 Headcrash, Hamburg

Zunächst einmal: ja, es ist alles wahr, was über die Live-Qualitäten von Matt and Kim geschrieben wurde. Die zierliche Kim mit den muskulösen Armen lächelt während der Schwerstarbeit an den Drums tatsächlich ununterbrochen derart herzlich, dass man schon vom Hingucken extrem gute Laune bekommt. Auch der dünne Schlacks Matt freut sich ununterbrochen sehr intensiv über den schönen Abend. Grund zur Freude haben die beiden reichlich, schon der tosenden Auftrittsapplaus der knapp 200 Zuschauer im Headcrash am Hamburger Berg ist ein klares akustisches Signal der grenzenlosen Begeisterung, hier wird geliebt, jawohl und gleich auch mitgesungen, das hat etwas rührend mitreißendes, zu meiner Überraschung balanciere ich schon zum zweiten Song auf den Querstreben meines Barhocker.

Der klare, minimalistische Sound von Schlagzeug und Keyboard ist live voluminös und direkt, gleichberechtigt abgemischt überzeugt vor allem das Schlagwerk von Kim durch Kraft, Präzision und teils unfassbar schnelle Läufe. Matt drischt ebenfalls sichtlich bewegt und mit der Unruhe eines hyperaktiven Teenagers auf seine Keyboards ein, oft stehen die beiden auf ihren Stühlen, dirigieren das Publikum, irgendwo zwischen minimalem Industrialpop, Marschmusik und Kindergeburtstagsdance, das ist ein großer Spaß!

Launig moderiert Matt zwischendurch die Songs an, einmal gibt’s sogar ein bisschen Mitmachbefehl, Hände in die Höhe fürs nächste Lied, so jetzt mal rhythmisch klatschen, los geht es, Fanfaren-haft tröötet das Keyboard die ersten Notenläufe von Europes „Final Countdown“ durch den Raum, da wellen sich besonders bei den früh geborenen Zuschauern die Zehennägel, aber irgendwie doch lustig, och ja, und als das Ganze dann, von Kim beschleunigt, zur Pogo-Polka wird, da funktioniert das Zitat ganz ausgezeichnet.

Knapp eine Stunde wird gerockt, dann ist Schluss, Matt und Kim hüpfen runter von der Bühne, direkt ins Publikum, bisschen unterhalten, man kennt sich ja noch nicht persönlich, Internetfreunde auf Besuch. Hier findet der von Matt and Kim auch online stark gepflegte Fankontakt via Twitter, flickr und Bandpages zu neuer Qualität.

Überhaupt, liebe Plattenfirmen, sind Matt and Kim ein Lehrstück über Musikvermarktung in vermeintlich schlechten Zeiten: fürs Video einmal nackig durch New York laufen um damit innerhalb weniger Tage auf so ziemlich jedem Musikblog vorgestellt zu werden. Nackt allein reicht allerdings nicht mehr, der musikalische Unterbau muss stimmen und das tat er hier.

Zweiter Schritt: Musik verschenken! Auf ihrer Bandsite verschenken Matt and Kim fünf Songs als download, darunter zwei große Hits der Band! Und auf der MySpace Seite der beiden stehen seit Mitte des Monats zusätzlich zwei Remix Versionen des Hits Daylight zum download bereit. Und wo gibt es eigentlich heute noch eine Band aus Übersee live für zehn Euro zu sehen?

Ich hatte gestern das Gefühl, der Band dringend ein bisschen Geld vorbei bringen zu müssen und war damit nicht allein. Fast geschlossen stürmte das Publikum den Merchandising Stand, dort gab es das neue Album als CD für zwölf Euro und die Single „Yea Yeah“ als 7inch Vinyl (!) für fünf Euro. Diese Kombi verkaufte sich dann auch wie geschnitten Brot. Irgendwie machen Matt and Kim alles richtig. Großartig, bitte dringend weiter machen!

http://www.mattandkimmusic.com/

Matt and Kim auf myspace

Matt and Kim auf Twitter

Matt and Kim auf flickr

PS:
Besonders gefreut habe ich mich, gestern Abend gleich zwei lang verschollen geglaubte Bekannte getroffen zu haben, eine der beiden betreibt das lesenswerte Musik-Blog "music is okay", und wird dort schon bald aus der Londoner Musikszene berichten. Watch out:

http://musicisokay.twoday.net/



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Donnerstag, 21. Mai 2009
Klingendes Video zum Wochenende (53): Matt and Kim "Daylight"


Photo:Kris Shacochis for Matt and Kim

Inflationär: zweimal Klingendes Video zum Wochenende von der gleichen Band: "Matt and Kim" einmal die Nr. 50 mit "Lesson learned" und jetzt gleich nochmal die Nr. 53 mit "Daylight". In den nächsten Tagen sind die New Yorker für drei Konzerte in Deutschland, am Sonntag in Hamburg und ich freu mich da schon so drauf, da musste einfach nochmal ein klingendes Video von den Beiden her:

Matt an Kim live:

Freitag, 22. Mai, Magnet Club, Berlin

Samstag, 23. Mai, Die Werkstatt, Köln

Sonntag, 24. Mai, Headcrash, Hamburg
(10 € / Hamburger Berg 13)

http://www.mattandkimmusic.com/

Matt and Kim on flickr

Matt and Kim on myspace



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