Dem Herrn Paulsen sein Kiosk
Montag, 25. Mai 2009
Konzert Review: Matt and Kim, 24.05.09 Headcrash, Hamburg

Zunächst einmal: ja, es ist alles wahr, was über die Live-Qualitäten von Matt and Kim geschrieben wurde. Die zierliche Kim mit den muskulösen Armen lächelt während der Schwerstarbeit an den Drums tatsächlich ununterbrochen derart herzlich, dass man schon vom Hingucken extrem gute Laune bekommt. Auch der dünne Schlacks Matt freut sich ununterbrochen sehr intensiv über den schönen Abend. Grund zur Freude haben die beiden reichlich, schon der tosenden Auftrittsapplaus der knapp 200 Zuschauer im Headcrash am Hamburger Berg ist ein klares akustisches Signal der grenzenlosen Begeisterung, hier wird geliebt, jawohl und gleich auch mitgesungen, das hat etwas rührend mitreißendes, zu meiner Überraschung balanciere ich schon zum zweiten Song auf den Querstreben meines Barhocker.

Der klare, minimalistische Sound von Schlagzeug und Keyboard ist live voluminös und direkt, gleichberechtigt abgemischt überzeugt vor allem das Schlagwerk von Kim durch Kraft, Präzision und teils unfassbar schnelle Läufe. Matt drischt ebenfalls sichtlich bewegt und mit der Unruhe eines hyperaktiven Teenagers auf seine Keyboards ein, oft stehen die beiden auf ihren Stühlen, dirigieren das Publikum, irgendwo zwischen minimalem Industrialpop, Marschmusik und Kindergeburtstagsdance, das ist ein großer Spaß!

Launig moderiert Matt zwischendurch die Songs an, einmal gibt’s sogar ein bisschen Mitmachbefehl, Hände in die Höhe fürs nächste Lied, so jetzt mal rhythmisch klatschen, los geht es, Fanfaren-haft tröötet das Keyboard die ersten Notenläufe von Europes „Final Countdown“ durch den Raum, da wellen sich besonders bei den früh geborenen Zuschauern die Zehennägel, aber irgendwie doch lustig, och ja, und als das Ganze dann, von Kim beschleunigt, zur Pogo-Polka wird, da funktioniert das Zitat ganz ausgezeichnet.

Knapp eine Stunde wird gerockt, dann ist Schluss, Matt und Kim hüpfen runter von der Bühne, direkt ins Publikum, bisschen unterhalten, man kennt sich ja noch nicht persönlich, Internetfreunde auf Besuch. Hier findet der von Matt and Kim auch online stark gepflegte Fankontakt via Twitter, flickr und Bandpages zu neuer Qualität.

Überhaupt, liebe Plattenfirmen, sind Matt and Kim ein Lehrstück über Musikvermarktung in vermeintlich schlechten Zeiten: fürs Video einmal nackig durch New York laufen um damit innerhalb weniger Tage auf so ziemlich jedem Musikblog vorgestellt zu werden. Nackt allein reicht allerdings nicht mehr, der musikalische Unterbau muss stimmen und das tat er hier.

Zweiter Schritt: Musik verschenken! Auf ihrer Bandsite verschenken Matt and Kim fünf Songs als download, darunter zwei große Hits der Band! Und auf der MySpace Seite der beiden stehen seit Mitte des Monats zusätzlich zwei Remix Versionen des Hits Daylight zum download bereit. Und wo gibt es eigentlich heute noch eine Band aus Übersee live für zehn Euro zu sehen?

Ich hatte gestern das Gefühl, der Band dringend ein bisschen Geld vorbei bringen zu müssen und war damit nicht allein. Fast geschlossen stürmte das Publikum den Merchandising Stand, dort gab es das neue Album als CD für zwölf Euro und die Single „Yea Yeah“ als 7inch Vinyl (!) für fünf Euro. Diese Kombi verkaufte sich dann auch wie geschnitten Brot. Irgendwie machen Matt and Kim alles richtig. Großartig, bitte dringend weiter machen!

http://www.mattandkimmusic.com/

Matt and Kim auf myspace

Matt and Kim auf Twitter

Matt and Kim auf flickr

PS:
Besonders gefreut habe ich mich, gestern Abend gleich zwei lang verschollen geglaubte Bekannte getroffen zu haben, eine der beiden betreibt das lesenswerte Musik-Blog "music is okay", und wird dort schon bald aus der Londoner Musikszene berichten. Watch out:

http://musicisokay.twoday.net/