Dem Herrn Paulsen sein Kiosk
Freitag, 2. Juni 2006
Sprachlos in Barcelona II (Das Schweigen geht weiter)

Die vergangenen Tage verbrachte ich mit einer Stunden füllenden Aufgabe. Aus englischsprachigen Rezepten generierte ich große Excel-Tabellen mit alphabetisierten Zutatenbezeichnungen auf Deutsch und auf Spanisch. Regelmäßige Leser meines Blogs wissen um die Bedeutung dieser Tatsache, denn Tatsache ist, dass meine Spanischkenntnisse eher unzureichend sind. Das ich jetzt im Besitz des wohl umfangreichsten deutsch-spanischen Wörterbuches der Kulinarik bin, verdanke ich aber wohl gerade der Tatsache, dass mein Spanisch so schlecht ist. Es hat wohl einigen Menschen sehr gefallen, dass Herr Paulsen seine Arbeit macht und ansonsten einfach mal die Klappe hält. Anders ist es nicht zu erklären, das ich nochmals und diesmal gleich für drei Wochen an die katalanische Küste gebucht wurde.

Leben und arbeiten werde ich in einem ehemaligen Fischerdorf vor den Toren Barcelonas, ich werde dort die Einwohnerzahl auf 168 in die Höhe treiben. Das Dorf schmiegt sich eng an die aus dem Meer steigenden Berge, steile Serpentinen-Wege führen hinunter zum Strand, an den Bahnsteig. Der Zug ist die Lebensader des kleinen Örtchens, denn es gibt nicht mal einen Supermarkt. Vor Jahren, so erzählte man mir, habe einmal ein Bäcker eröffnet und gleich wieder geschlossen, denn sämtliche Bewohner des Ortes kaufen in Barcelona ein. Es gibt aber drei Restaurants. Alle drei hatten während meines ersten Besuches im Mai geschlossen. Drei Restaurants für 167 Menschen? Das Geheimnis ist der Zug. Der kippt in den Sommermonaten täglich bis zu 2000 (!) erholungsbedürftige Bürger Barcelonas an den sehr langen, sehr breiten Strand, 25 Minuten dauert die Fahrt ins städtische Freibad.

Wie also arbeiten und den Verlockungen der Meeresbrandung widerstehen? Noch schlimmer: wie eigentlich Kochrezepte fotografieren, ohne Ware? Und da war es wieder mein Sprachproblem. Denn für die Fotoaufnahmen werden wir beliefert. Alle zwei Tage bekomme ich frische Ware direkt ins Haus. Aber wie bestellen? Genau dafür habe ich die Excel-Tabellen angefertigt, die sich irgendwann in Bestell-Faxe wandeln werden. Beim Erstellen der Liste halfen zahlreiche Internetseiten, ein Wörterbuch, sowie der, freundlicherweise, reich bebilderte Katalog eines Großhändlers aus Barcelona. Bald schon stellte ich fest, dass Produktbezeichnungen in den Wörterbüchern ganz anders lauteten, als im Katalog unseres Lieferanten. Sie ahnen es, der Mann ist Katalane und bezeichnet seine Ware mit Fug und Recht auf Català. Über die Hälfte aller Produkte stehen aber jetzt auf Spanisch in meiner Tabelle und sollte der Großhändler von Nationalstolz durchflutet sein und nur katalanisch geschriebene Zutaten liefern, werde ich ziemlich blöd aus der Wäsche und aufs Meer blicken. Reklamieren kann ich ja auch nicht. Es wird spannend.

Spannend wird auch die nähere Zukunft dieses Blogs. Hoffnungsfroh hab ich schon mal das Schild über dem Kiosk ausgewechselt und ich habe auch Internet und Flatrate am neuen Arbeitsplatz (das habe ich als allererstes gecheckt, das können Sie mir aber glauben!). Ich befürchte aber, es wird eine arbeitsreiche Zeit und ich schreibe ja grundsätzlich nie konkret über meine Arbeit. Gerne will ich natürlich von den neusten kulinarischen und musikalischen Trends berichten, allerdings ist die Erlebniswelt in einem 167 Seelen-Dorf begrenzt. Auch ob die WM-Begeisterung der Spanier an meinen Playa schwappt ist fraglich. Verschonen möchte ich Sie mit Blog-Einträgen dieser Art:

„Heute Grillrezepte fotografiert. Abends am Strand schweigend vier Dosen Bier getrunken. Gelernt was `rotgesichtiger Deutscher mit weißen Beinen` auf Spanisch heißt. Morgen fotografieren wir noch mehr Grillrezepte.“

Es könnte also sein, dass sich die ohnehin schon schwache Schlagzahl meiner Beiträge in den folgenden Wochen nochmals reduziert. Trotzdem, bleiben Sie mir gewogen und schauen Sie mal wieder rein beim Quiosco de Señor Paulsen.

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