Dem Herrn Paulsen sein Kiosk |
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Dienstag, 22. November 2005
KAFFEE.SATZ.LESEN 25 mit kleinem Wunder
herr paulsen
09:21h
Vor der Werbung gleich zum angekündigten Wunder: Im Mai fand in Hamburg die 21ste Ausgabe der Lesereihe „KAFFEE.SATZ.LESEN“ statt. Fünf wunderbare Autorinnen und Autoren, knapp hundert begeisterte Besucher und, jetzt kommt das Wunder, ein Verleger! KAFFEE.SATZ.LESEN 25 mit: Xochil A. Schütz, *1975
"sanft wie eine Brise im Sommer und stürmisch wie Meereswind" (taz) Michael Hasenfuß, *1965 der Schauspieler und Autor, lebt in Zürich. Er spielte an verschiedenen Stadttheatern und jahrelang beim „Hamburger Jedermann“ - aber auch im der Werbung, zuletzt den Jever-Mann, der als erfolgreicher Unternehmer hinterm Deich dem Biergenuss nachgeht. Hasenfuß schreibt seit 1996 seine Balladen klassischen Ausmaßes, allerdings mit wenig antikem Personal: Da kämpft ein Perlhuhn mittels eines mordenden Papageien um seine Ehre, da zieht Ritter Waldemar ins Heilige Land, um Bretzel für den Heiland zu erwerben und Oma Kroll sprengt den Erdball in die Luft, weil im Altenheim nix los is´ ... Michael Hasenfuß dichtet über Mensch und Tier, die nicht ganz dicht sind. Im Juli wurden die Balladen erstmals veröffentlicht. (Michael Hasenfuß: Schrabbelgereimte Balladen vom Scheitern, Nachttischbuch-Verlag, Berlin 2005, ISBN 3-937550-04-6, Pb 108 Seiten zu 14,80 Euro) Lutz Nikolaus Kratzer, *1974 ist Kopf der Hamburger Band "Ich jetzt täglich", die im Mai ihr erstes Album "Stilfragen" veröffentlicht haben. Kratzer spielt, unplugged und solo, Songs aus dem Album. Ich Jetzt Täglich bedienen sich schamlos der Gefühlsorgel, die uns täglich über Radio und Fernsehen anbaggert. Musik die in deutscher Sprache mal ironisch mal archaisch die Welt umschreibt. Inbrünstig vorgetragene Banalitäten werden zu tragischen Phrasen, vermeintliche Paradieswelten verwandeln sich in Dienstage und wir erfahren, wie es ist, wenn nicht mal mehr der eigene Therapeut mit einem spricht. René Harder, *1971
Ist in Konstanz geboren und aufgewachsen. Nach Schauspiel- und Regiestudium am Staatlichen Institut St. Petersburg (Russland) folgte das Studium der angewandten Theaterwissenschaften in Giessen (bei Heiner Goebbels, Jean-Marie Straub) und der Abschluss als Diplom Regisseur am Institut für Theater, Musiktheater und Film der Uni-Hamburg (Jürgen Flimm, Christof Nel, Wolfgang Engel u.a) Ina Bruchlos, *1966 „Nennt mich nicht Polke“ heißt ihr höchst komisches Debüt (Nennt mich nicht Polke – Kurze Erzählungen, Nachttischbuch-Verlag, 120 Seiten, 14,80 Euro). Mehr über die redereihamburg und KAFFEE.SATZ.LESEN gibt es im Internet http://www.redereihamburg.de Dort kann man die KAFFEE.SATZ.LESEN-Anthologie bestellen, dort gibt es Texte von allen Autoren, dort kann man den Newsletter abonnieren oder sich für einen eigenen Auftritt bewerben. Fotoalbum: http://www.flickr.com/groups/40154825@N00/ ... Link Samstag, 19. November 2005
„Mit der Vorband schneiden die sich aber auch ins eigene Fleisch.“ Wie die französische Band Shaka Ponk mal eben ihre Gastgeber platt spielten.
herr paulsen
11:20h
Vorbands sind ja immer ein Risiko. Für den Konzertbesucher sowieso („die hab ich nicht bestellt!“), aber ganz besonders für den Headliner. Schön, wenn uns der Hauptact mit den eigenen Hörgewohnheiten vertraut machen, bestenfalls spannenden Newcomern eine Bühne bieten möchte. Blöd nur, wenn es keinen interessiert. Oder aber die Vorband die Halle in Schutt und Asche rockt und für die Hauptband lediglich noch wenige müde Krümmelchen der Begeisterung zurück lässt. Ganz blöd lief das für die Country-Cover-Combo „The Boss Hoss“, die uns im vergangenen Sommer umsonst und draußen derartig begeisterte, dass wir uns vergangenen Donnerstag auf den Weg ins Grünspan machten, den Jungs noch mal im Club zu huldigen. Schon an der Kasse schwappten brachiale Gitarren-Riffs bis auf die Strasse, an der Garderobe vibrierte bereits mein Haupthaar, in der Konzerthalle selbst war dann kurz ein kurzes Wundern fällig. Auf der Bühne tobten vier dürre Männer entfesselt durch metallene Wände. Hä? Vorband? Wer? Shaka Ponk rockten da, eine französische „Fusion Metal“-Band. Den Begriff Fusion Metal habe ich im Zusammenhang mit der Band ergoogelt, sehr lustig. Denn was da oben auf der Bühne passierte war eigentlich unbeschreiblich. Shaka Ponk haben viel von „Rage against the maschine“ und „Audioslave“, fiebrig tuckernde Synthesizer über gewaltigen Riffs, den Funk der „Red Hot Chili Peppers“ sowieso gebucht, dazu gewaltige Metal-Teppiche die an Rammstein erinnern. Was The Boss Hoss bewegt haben mag, diese Band vorweg zu schicken um danach ein bisschen geschmeidigen Country zu spielen, ich weiß es nicht, es ist ihnen jedenfalls von Herzen zu danken! Auch der Umstand, das Shaka Ponk ein komplettes Konzert spielen konnten, zeugt von Größe. Sensationell! Unvergesslich ein knapp siebenminütiger, monotoner Basslauf, alle zwei Minuten unterbrochen von Beastie Boys „Sabotage“-Intro-Riff, weich gekocht dann die Explosion, übergangslos ein lautstarkes Deathmetal-Gewitter. Fratzengeballer, Gänsehaut, Euphorie, meine Güte ich war schon lange nicht mehr so am Leben wie am vergangenen Donnerstag auf Shaka Ponk. Meine Freude an dieser musikalischen Horizontserweiterung teilte aber nicht jeder. Große Teile der Boss Hoss Gemeinde zeigten sich geschockt bis verwirrt, der kollektive Rückzug in vermeintlich lärmgeschütztere Gefilde an den Bars erwies sich als trügerisch, es gab kein Entkommen. Ebenfalls in die Noise-Falle geraten war meine Lieblings-Rock-Fotografin Kerstin13, die sich ihren Arbeitseinsatz bei The Boss Hoss eventuell auch anders vorgestellt hatte. Erst, so berichtete Kerstin, diese „entsetzliche Vorband“ (ich möchte hier nicht falsch zitieren, glaube aber es war irgendwas mit „eeeeentsetzlich“ und drei bis vier Ausrufezeichen) und dann noch eine zeitliche Fotobeschränkung vom Boss Hoss Management. Kerstin also munter weiter zum Konzert der Band „Mutter“, was dort geschah ist in ihrem Blog festgehalten. Und was geschah beim Boss Hoss Konzert? Also ich stand an der Bar trank metalmässig viel Bier und prüfte alle zwei Minuten ob die Shaka Ponk EP in meiner Jackentasche noch da ist. (Erstes Album Februar 2006). Die Liebste erklärte noch:„Mit der Vorband schneiden die sich aber auch ins eigene Fleisch.“ Dann gingen wir noch vor den Zugaben nachhause. ---------------------ritschrock! Links zum Thema: Shaka Ponk: The Boss Hoss: ... Link Sonntag, 13. November 2005
Ganz schlimm: Neuer Restaurantführer "Ausgehen in Hamburg"
herr paulsen
18:29h
Restaurantkritiken zu schreiben ist eine ernsthafte Sache. Der Tester hat eine doppelte Sorgfaltspflicht, dem Koch und seinen Lesern gegenüber. Von den Schattenseiten des Restaurantkritiker-Zirkus schrieb ich an dieser Stelle schon einmal aus der Sicht der Köche und als „Testesser Paulsen“ berichte auch ich hier im Blog über meine Restaurantbesuche. Ich mache das aus Freude, ich bin mir meiner Sorgfaltspflicht bewußt, traue mir als gelernter Koch ein Urteil zu und Geld verdiene ich damit auch nicht. Geld verdienen will aber die Düsseldorfer Überblick Verlags GmbH und beschert nun also Hamburg einen neuen Restaurantführer. Für 7,50 Euro erhältlich am Kiosk, das 290 Seiten starke Ärgernis "Ausgehen in Hamburg" mit 333 geschwätzigen Restaurantkritiken die für das gesamte Jahr 2006 gültig sein sollen. Das geht schon beim Cover los, lieblos zusammengelayoutet zeigt es das Dekolté einer Brünetten, einen Löffel Kaviar, neonfarbenen Lachs (?) auf einem Teller und eine sterile Sushiplatte. Etliche Seiten Schleichwerbung später („Wie zwei einkaufsfreudige Damen ihre ganz persönliche Lieblingspassage in der Hansestadt fanden“), hier als Infotainment und Reportagen verkleidet, beginnt das wahre Grauen: die Restaurantkritiken. Sämtliche Tester scheinen vor hundert Jahren einen sehr schlechten Kurs in kreativem Schreiben besucht zu haben und man wird den Verdacht nicht los, dass alle im gleichen Kurs saßen. In umständlichstem Ton („..und der Kaierschmarrn aus dem Wok hob sich auch nicht von in klassischen Pfannen zubereitetem Schmarrn ab, was ja auch nicht sonderlich verwundert, da auch ein Wok schließlich eine Pfanne ist“), altbacken („Wir sind zwar bereits gut gesättigt, schreiten aber dennoch weiter zum Dessert“) und manchmal schlichtweg falschem Deutsch („ Das Couscous als Beilage gehen bei diesem Genuss etwas unter“.) stammeln sich die Tester durch das Erlebte ( „Demnächst werde ich öfter hier sein, auch um ein bisschen in französischen Träumen zu versinken“), endlos lang die klischeehaften Beschreibungen ( „Das zarte Fleisch zergeht nahezu auf der Zunge und wird durch den Rosmarin und einer mit Rotwein abgestimmten Sauce umschmeichelt“), oft genug zeugt das Geschriebene zudem von einer absoluten Sprachlosigkeit im kulinarischen Bereich: „ Das Kotelett und auch die Beilagen erschienen uns seltsam flach. Dabei können wir gar nicht behaupten, dass es nicht geschmeckt hätte, es hat nur keinen bleibenden Eindruck hinterlassen.“. Auch solche Sachen nerven: „Nach entsprechendem Studium (der Karte) entscheiden wir uns, auf eine Vorspeise zu verzichten und lieber Platz zu lassen für ein Dessert“. Hallo, die Vorspeise ist euer verdammter Job! Wenn ihr nicht mal drei Gänge schafft, dann berichtet doch einfach vom Feuerwehrfest in Dimpfelshausen und esst da ne Bratwurst. Gerne gehen die Düsseldorfer auch mal ohne Reservierung los, ins Le Canard zum Beispiel und wundern sich und als es dann endlich klappt, die nächste Katastrophe: "..dank vieler (uns teilweise unbekannter) französischer Fachbegriffe können wir nur raten, um was es sich handelt." Statt aber mal nachzufragen, gehen unsere Profitester: "..aber lieber auf Nummer sicher und bestellen aus der Standartkarte. Völlig aus dem Ruder laufen die Tester wenn sie das ganz große Theater entdecken. „Wie will man eine perfekte Küche beschreiben?“, fragt sich da ein Tester und gibt leider die Antwort gleich selbst: „Vielleicht doch mit Parsifal. Parsifal will selbst den Gral verwalten und König sein. Er enthüllt den Gral, eine Taube kommt vom Himmel, purpurnes Licht erglänzt.“ Achso. Ich könnte hier noch stundenlang mit Zitaten um mich werfen, für Freude der Stilblüte findet sich in exakt jeder der 333 Kritiken mindestens eine umwerfende Ausdrucksperle. Als Restaurantführer ist diese Zeitschrift nur unter größten Vorbehalten zu gebrauchen, wenig Vertrauen erweckend und voll unseriösem Erlebnisschrott ( ...von wo aus wir später gute Sicht auf Ulrich Wickert haben werden, der pünktlich nach den Tagesthemen auf ein Glas Wein hereinschauen wird“). Es bleibt der Griff zum altbewährten SZENE Hamburg Sonderheft „Essen & Trinken“: Auch hier eine Brünette mit Dekolté auf der aktuellen Ausgabe, dafür 360 Restaurants und nur sechs Euro. Das Wichtigste aber: dort arbeiten Menschen die ihre Aufgabe ernst nehmen, keine Angst vor Vorspeisen zeigen und ihre Eindrücke auch knapp, lesbar und informativ zu Papier bringen können. http://www.ueberblick.de/ ... Link Mittwoch, 9. November 2005
Der Werbinicheinkaufswagen
herr paulsen
20:01h
Es könnte doch so einfach sein. Nur einen Hauch neben der Spur leben. Seinen Zeitbegriff lösen von dem der Restmenschheit. Knallhart zur Post gehen, morgens um acht. Zur selben Zeit einkaufen. Spazieren gehen an der Elbe nur Dienstags um Mitternacht. Auf Konzerten das Bier holen wenn die Band den Hit spielt. Videos ausleihen im Hochsommer. Ich mach alles genau dann wenn es die Herde tut, bin Durchschnitt, bräsiges Mittelmaß und sage mir immer entschuldigend, dass mich das Leben dazu zwingt. Wie alle anderen auch. Und ganz schlimm: ich entblöde mich nicht Samstags Lebensmittel einkaufen zu gehen, gerne gegen halb Zwölf oder Eins. Selbst wenn ich nicht Samstagmorgens mit den ersten Vögeln sturzbetrunken ins Bettchen falle, ja selbst nach wohlgfälligem Zehn-Stunden-Ausschlaf-Marathon, ich schaffe es einfach nicht, Samstagsfrüh im Kaufmannsladen zu stehen. Es wird immer so, so Mittag. Schicksalsergeben reihe ich mich dann in die langen Warteschlangen ein, die an den Kühltheken beginnen und ich weiß, einige Produkte werden ihr Verfallsdatum schon übeschritten haben, bevor die Aushilfskraft an der Kasse die Bonrolle gewechselt hat. Nun langweilt es ja sehr mehrere Stunden in der Schlange der Zahlungswilligen zu verbringen. Erst versuchte ich es mit Lesen. Ich hatte mir ein Buch mitgebracht und zog es triumphierend aus der Manteltasche. Schon nach wenigen Minuten fiel mir auf, es ist noch peinlicher ein Buch in einem Supermarkt zu lesen, als kettenrauchend ein Buch zu schreiben, mit Bleistiftstummeln, in ein verwittertes Notizbuch, im Szenekaffee, bei Rotwein und offensichtlich einsam. Neuerdings betreibe ich in der Warteschlange ein kleines Spiel und die Zeit verfliegt wie im Flug. Mit gesenktem Haupt nähere ich mich den Warteschlangen. Es ist unglaublich wichtig, niemanden zu sehen, nur die Einkaufswagen. Dann stehe ich da und kucke Einkaufswagen. Und rate so für mich, wer da wohl dran hängt, hinten. Es gibt leichte und schwere Einkaufswagen. Leicht ist zum Beispiel dieser Einkaufswagen: Sechs Dosen Bier, Leberkäse in Scheiben abgepackt, eingeschweißte Pizza, Erdnüsse, Aufbackbrötchen, Räucherlachs in Scheiben und 1,5 l Mineralwasser. Diesen zum Beispiel, nur einen Meter vor ihm: eine Packung spanische Salatherzen, 1 Grapefruit , ein Camenbert, Obst, Joghurt mit lustig sich drehenden Aktiv-Bakterien, Salzstangen, weiße Schokolade und ein leichter Weißwein. Singlefrau. Sie ist schlauer und hat Singlemann schon lange entdeckt, ekelt sich aber ein bisschen vor ihm, der isst Leberkäse und trinkt zuviel. Den Lachs hat er bestimmt auch nur gekauft, falls was geht heute Nacht. Omas sind auch klasse. Es gibt zwei Arten von Omas. Gemeinsam ist ihnen der Supermarktbesuch zur Stoßzeit am Samstagmorgen. Da gibt es nämlich was zu kucken. Neulich hat sogar ein junger Mann ein Buch gelesen, das war ganz reizend, so gebildet sah der aus. Neuerdings starrt er aber immer nur noch auf dem Boden. Bestimmt hat er Sorgen. An dieser Stelle enden die Gemeinsamkeiten der Omas aber noch nicht. Beide haben den Korb voll mit Schokolade. Oma Eins: acht Zartbitterschokolade mit Nüssen, Teewurst, Gewürzgurken, eine Dose Fisch in Tomatensauce, eine Dose Bier, sechs Packungen „Prima“-Zigaretten und zwei Flaschen Schnaps. Oma eins bekommt keinen Besuch mehr von ihren Enkeln. Da scheißt sie auch drauf! Ihr Sohn, der Verlierer, der braucht auch nicht mehr zu kommen, schnorrt eh nur Geld, wo doch die Rente nie reicht für den ganzen Monat. Hätte er doch nur damals nicht diese unmögliche Frau geheiratet, sondern so eine wie die da vorne, mit dem Weißwein und der hellen Schokolade. Hoffentlich kommt heute was im Fernsehen. Oma Zwei hat Hanuta gekauft, Raffaello, Merci Vielfalt und Fererro-Küßchen. Die Enkel kommen ja am Wochenende! Ansonsten gleicht der Wagen von Oma zwei, dem unserer Singlefrau verblüffend! Zusätzlich hat Sie aber noch das gesamte Wurstsortiment im Wagen und vier Torten von Koppenrath & Wiese. Selber Backen kann sie nicht mehr so gut. Unten im Wagen liegen drei Mini-Flaschen Eckes-Edelkirsch. Die braucht sie zum Backen. Ein schwerer Einkaufswagen ist der hier: Das ist meiner. An manchen Wochenenden würde mir das Bier völlig reichen. Ok, noch fünf Flaschen mehr. Naja, und die Pizza. Sind ja schließlich 163 g mehr drin als in den Tiefkühlteilen und das zum unglaublich günstigen Preis! Ich habe das mal nachgewogen. Das blöde ist nur, ich bin Sklave meines eigenen Spiels geworden. Sie wissen nie, wer gerade in ihren Einkaufswagen kuckt. Und da möchte man doch eine ausgewogene Mischung vorweisen können. Wo man doch schon so ein fauler Langschläfer und bräsiges Mittelmaß ist! ... Link Sonntag, 6. November 2005
Testesser Paulsen berichtet. Heute: "Schauermann"
herr paulsen
11:36h
Im Frühjahr 2004 erlebte ich im Restaurant „Brücke“ in Hamburg einen kulinarischen Abend der Superlative. Die Aufzeichnungen von damals tönen begeistert, von lukullischem Glück ist da die Rede, von einer Sensation und am Ende der Restaurantkritik gehe ich sogar in die Knie vor der großen Kochkunst, die ich an diesem Abend erleben durfte. Die „Brücke“ gehörte zumindest damals zu den Restaurants die es nicht für nötig halten den Namen ihres Koches auf die Speisekarte zu setzen, einen Umstand den ich in diesem Blog schon an anderer Stelle anprangerte. So erfuhr ich erst später den Namen des Kochkünstlers: Stefan Mario Niese. Heute kocht Stefan Mario Niese im „Schauermann“. Das Schauermann liegt nur einen Steinwurf von der einst Schlachten umtobten Hafenstrasse entfernt und ist gerade das angesagteste Restaurant Hamburgs. Die Kritiker überschlagen sich und der famose Blick über den nächtlichen Hafen wird nur in Nebensätzen erwähnt, es ist die sensationelle Küche von der gesprochen wird. Don´t belive the hype denke ich und gehe trotzdem hin, heimlich auf eine Wiederholung des kulinarischen Glückes von einst hoffend. Es ist 19:30 Uhr und wir sind die einzigen Gäste im Schauermann. Durch den Raum wabbert anstrengender, synthetischer Geräuschpudding, der an Jean Michel Jarre erinnert und in seiner meditativen Monotonie sofort eine bedrückende Stimmung zaubert. Die klaren Lichtlinien, dunkles Holz und besonders die supergemütlichen Thonet-Stühle, die hier nach jahrelangem Einsatz im einstigen Fernsehturm-Restaurant, frisch bezogen ein zweites Leben beginnen, stimmen versöhnlich und ja, der Blick über den nächtlichen Hafen ist wunderschön. Dann kommen auch schon Kellner und Karte. Ersterer empfiehlt als Aperitif eine Riesling-Schorle mit Aperol, munter bimmeln die Eiswürfel im erfrischenden Drink und wir beugen uns über die übersichtliche Karte. Je drei Vorspeisen, Hauptgänge und Desserts künden von Konzentration in der Küche, entlocken aber meinen Begleitern ein geseufztes: „Also irgendwie springt mich da jetzt nichts so richtig an.“ Das ist der Nachteil von kleinen Karten, da ich aber weiß, das die Vorteile kleiner Karten überwiegen, rufe ich gemeinsam mit dem Kellner zu mutigen Entscheidungen auf, irgendwann hat dann tatsächlich jeder irgendwas gefunden und der Wein kann ausgesucht werden. Unser Kellner entpuppt sich als leidenschaftlicher Weinkenner, bringt ungefragt viele kleine Probeschlücke, weiß über die Weine viel zu berichten und wir sitzen mitten in einer lehrreichen Weindegustation von Format. So großartig wie großzügig! Wir entscheiden uns für den 2004 Kalkmergel Riesling aus Rheinhessen vom Weingut Schneider, eine einzelne Dame am Tisch weiß zu berichten, der Winzer sähe „umwerfend gut“ aus. So schmeckt dann Gott sei Dank auch der Wein ( 24€), besonders zum Thunfischtatar auf Gurkensalat (10€), einer nicht gerade innovativen Kombination, die hier aber präzise abgeschmeckt den Gaumen fordert, mit süßer Vinaigrette, butterzartem Thun und scharfer Daikonkresse. Laut ist es geworden, brechend voll, Jean Michel Jarre hat sich ausmeditiert und es läuft jetzt der übliche Lounge-Kram in wenig störender Lautstärke über die lautstarke Gästeschar. Man sieht sich! Zum Hauptgang trinken die Damen immer noch vom Weingut Schneider, mittlerweile hat es sich rumgesprochen, wie umwerfend gut der Winzer aussieht und die schöne Weindegustation vom Anfang war vergebene Liebesmüh. Zumindest ich lasse mir zum Hauptgang noch einen kräftigen Shiraz bringen, der am Ende nicht auf der Rechnung erscheint und meine geschmorten Kalbsbäckchen (19€) elegant schwimmen lässt. Vor den Kalbsbäckchen hatte der Kellner gewarnt weil er es leid sei „dass sich die Gäste immer beschweren“, denn die Kalbsbäckchen seien doch sehr durchwachsen. Also mit Fett. Das schreckt mich nicht, rufe ich und bereue tatsächlich später nichts. Sensationell zart sind die Bäckchen in einer kräftigen Gremulatasauce, dazu gebratenes Gemüse und keine Beilagen. Keine Beilagen? Ja, zum Bäckchen wird noch mal Brot serviert. Zum Dessert aus Walnussknödeln auf Fruchtsauce (6€) vermag ich nichts zu berichten, die Damen seufzten jedenfalls selig und schlugen die Augen zur Decke, während ich mir bei einem weiteren Glas Rotwein die Rohmilchkäseauswahl schmecken lies. Arm aber satt und selig verlassen wir das Schauermann, eine Adresse für risikoloses Essen auf hohem Niveau, mit wunderschöner Aussicht und einem eloquenten Kellner zum verlieben, der an diesem Abend gegen Herrn Schneider verlor. Schauermann, der verdiente Hype, den man im Auge behalten sollte, denn für die nächste Zeit sind Deutsche Klassiker angekündigt. Das wäre dann auch noch spannend. ......................................ritsch. Link zum Thema: http://www.restaurant-schauermann.de/ ... Link Mittwoch, 2. November 2005
Mutter kommt !
herr paulsen
10:05h
In wenigen Stunden kommen meine Eltern zu Besuch, herzliche Menschen, und doch überfällt mich eine kleine Nervosität. Sie kommen selten und als ich vor zehn Jahren knapp 800 Kilometer zwischen uns brachte, tat ich das nicht grundlos. Denn wir haben zwar unmittelbar nach den Pubertätskriegen unseren Frieden gemacht, der steht aber immer auf wackeligen Beinen und ein Besuch der Eltern ist bei aller Wiedersehensfreude auch immer eine harte Prüfung für den Nichtangriffspakt. Einen Einblick mag die Schilderung des letzten Besuches meiner Eltern in Hamburg bieten (1998), eine Erklärung warum ich vielleicht in den nächsten Tagen eeetwas angespannt sein werde: Eines Tages besuchten mich meine reizenden Eltern um mal nach dem rechten zu sehen. Das ihr Sohn im Schanzenviertel wohnte, das wussten sie aus „Spiegel-TV-Reportage“, war extrem gefährlich, Mutter beschwor bei jedem sonntäglichen Anruf, die Gefahren der offenen Drogenszene an der Sternschanze und beschwor mich, niemals die „Rote Flora“ aufzusuchen, bei meinem Faible für den linksradikalen Untergrund, könne ich da schnell in schlechte Kreise geraten. Mein angebliches „Faible für den linksradikalen Untergrund“, bezog sie auf einen, Jahre zurückliegenden, Besuch einer 1.Mai-Demonstration in Kreuzberg. Als depperter Tourist war ich damals dort in einen Kessel geraten und verbrachte drei Stunden, blind vom Tränengas im Hausflur einer netten türkischen Familie, fürsorgliche Autonome aus dem Schwäbischen wuschen mir die dicken Augen mit Wasser aus der Schwanenhals-Petflasche und gaben rührende Tipps: „wenn Du jetz naus gosch, no net renne, koi Panik, dia Wasserwerfer sin viel langsamer wie du.“ Der Wochenendbesuch meiner Eltern begann dann auch mit einem zünftigem Schanzenbummel. „Das Du hier wohnst, als nein, Du verdienst doch jetzt Geld Junge!“ Eilig transportierte ich meine Eltern in die Innenstadt, mit einem besorgten Blick auf die Uhr, registrierte meine Mutter, dass im Hanseviertel schon um kurz nach elf, Hummer verspeist und Champagner geschlürft wurde, quasi Mitten auf der Strasse. „Die verdienen halt gut, Mutter“, murmelte ich und schob meine Eltern Richtung Hafen. Die Barkassenfahrt machte allen richtig Spaß, ich stierte auf die braunen Wellen, Mutter wollte sich ausschütten über die Kommentare des Bootführers und mein Vater bestaunte die technischen Sehenswürdigkeiten. Abends tischte ich Labskaus auf, dazu korrespondierten herrlichst einige Flaschen Astra und beschwingt machte sich die kleine Reisegruppe auf, Richtung Reeperbahn. „Ich muss mich mal einhacken, bei meinen Männern, nicht das ich hier noch überfallen werde!“, meinte Mutter und hakte sich ein. „Na toll,“, erwiderte ich, „vielleicht noch ein Schild um den Hals: blöde Touris?“ ... Link Dienstag, 1. November 2005
Nur mal kurz: KAFFEE.SATZ.LESEN bei Flickr
herr paulsen
10:08h
Seit gestern gibt es eine Flickr-Group zu unsere kleinen Lesereihe und schon jetzt zeigen dort eine Menge Menschen dankenwerterweise ihre Sicht auf KAFFEE.SATZ.LESEN. Wenn auch Sie Fotos von KSL gemacht haben, freue ich mich diese dort zu sehen. Und als besonderes Schmankerl gibt es da heute einen Live-Mitschnitt der vorletzten Veranstaltung zu hören. Mein besonderer Dank dafür geht an: ... Link ... Nächste Seite
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