Dem Herrn Paulsen sein Kiosk |
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Montag, 29. Mai 2006
Erster Hammer Erzählwettbewerb
herr paulsen
12:17h
Für das, zugegebenermaßen, recht..ähm.., phantasievolle Plakat kann ich nichts. Trotzdem möchte ich gerne auf diesen unterstützenswerten Preis hinweisen. Seit drei Jahren gibt es KAFFEE.SATZ.LESEN, beheimatet ist unsere Lesereihe in Hamburg-Hamm, einem mit Kultur nicht gerade gesegnetem Stadtteil. Hier sind wir mit unserer Veranstaltung verwurzelt und darum haben wir uns auch entschieden, als Sponsoren und Mitausrichter des ersten Hammer Erzählwettbewerb zu fungieren. Erster Hammer Erzählwettbewerb Hamm hat Geschichte Hamm schreibt Geschichte. Schreiben Sie mit. Buchhandlung Seitenweise, Bitte vergessen Sie nicht Name, Alter und Adresse anzugeben, gerne auch E-Mail-Kontaktadresse falls vorhanden. Die Jury, hat fünf Mitglieder: Gunter Gerlach (Autor, Hamburg), Kristian Bader (Schauspieler aus Hamm), Stevan Paul (redereihamburg/Kaffee.Satz.Lesen), Karin Schanzenbach (freie Lektorin aus Hamm) und Bea Holtmann (Buchhandlung Seitenweise, Hamm). Sie wählen aus allen eingereichten Beiträgen die besten aus. Diese werden dann im Rahmen des ersten Hammer-Lesefestes am 8. Oktober 2006 in der „Baderanstalt“ (Hammer Steindamm 62) vorgelesen und die Preise vergeben. Zu Gewinnen gibt es: Jugendliche werden extra gewertet und können 100 Euro und 50 Euro Gewinnen. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Gesponsert wird der Wettbewerb von: Kulturbehörde Hamburg ... Link Freitag, 26. Mai 2006
Krasser Gemüseeintopf! "Mein Block, mein Stift, mein Rezept!"
herr paulsen
14:26h
Yo, die Homies hams schon lang gecheckt, Herr Paulsen kocht krass. Leider kann ich jetzt ma echt Nachhause gehen, denn die Eppelheimer Rapper MC K.rotte & Peter Sillie kochen den phatesten Gemüseeintopf: via Querschnitt mit heißem Dank! ... Link
Herr Paulsen geht aus: Mr Brown vs. The Rifles im Molotow
herr paulsen
12:36h
Gestern also plötzliche Ausgehlust. Nur wohin? Die Clubs und Tanzböden klingen fremd für einen in die Jahre gekommenen Berufsjugendlichen und alles fängt immer erst so spät an und kommt noch viel später in die Gänge, da bin ich immer schon müde und muss ins Bett. Konzert helfen. Kurzer Blick in die Zeitung, da werden „The Rifles“ angepriesen, es ist zu lesen, sie seien das next big thing, sie: „...vermischen ein bisschen The Kings mit The Smith, dazu Mowtown- und Filmmusik sowie Alltagsstudien á la The Streets“. Weiter ist zu lesen die „Großstadt-Dandys“ hätten prominente Fans, wie den von mir sehr verehrten Graham Cox (ex-Blur) sowie den von mir sehr verehrten Ian Broudie (Lightning Seeds). Los ginge es um 21:00 Uhr (da bin ich sicher noch wach!) im Molotow und der Redakteur schließt seine Lobhudelei mit dem Satz: „ Da kann eigentlich nichts mehr schief gehen.“ Im Molotow drängen sich schöne junge Menschen mit gescheiteltem Haar, vereinzelte Pullunder-Träger, die gute alte, dünne Lederkrawatte darf wieder bestaunt werden und ältere Herren meines Semesters haben sich allesamt als Elvis Costello verkleidet. Insgesamt blickt man vielsagend schwermütig ins Rund und ich fange an, mir ein bisschen Sorgen zu machen. Da! Eine Vorband! „Mr Brown“(ohne Punkt hinter Mr) aus Hamburg betreten die furzelige Bühne und hauen uns..eins..zwei..drei..ein megadickes Druckgitarren-Ding um die Ohren, das es sofort eine Wonne ist. Knapp eine Stunde spielen die sympathischen Pullunderträger („boah, Hitze, die ziehen wir jetzt aber mal aus“) knackharten Rock, geschrieben auf extra rauem Schmirgelpapier. Das ganze tönt stark nach The Jam, verwoben mit irrsinnig kunstvollen Tempi-Wechseln innerhalb der kurzen Brit-Kracher. Aber auch amerikanische Einflüsse wie Grand Funk Railroad oder Steppenwolf sind hörbar, es kniddelt streckenweise herrlich.
Schöner wird’s nicht, ist der Gedanke, der in der Umbaupause vorherrscht, dass es viel schlimmer werden würde, daran dachte nun wirklich niemand. The Rifles aus England spielen belanglosen Britpop, aufgewärmte Kompositionen aus vergangenen, goldenen Zeiten (Blur, Smith, Clash, Cure...). Spinat kann man auch aufwärmen, man stirbt entgegen anders lautenden Gerüchten nicht dran, aber schmecken tut es trotzdem nicht. Langweilig ist das und ich werde Fußmüde. Wir vertreiben uns die Zeit zwischen den, allesamt gleich klingenden Songs, mit heiterem Einflüsse-raten. „Da, das klingt wie Clash in schlecht.“, „Der Gitarrenlauf ist doch von Cure, Killing an Arab!“, „Boha, jetzt auch noch U2-Gitarre, ist jetzt aber langsam mal gut.“. Schon nach 30 Minuten haben die Herren ein Einsehen und verlassen die Bühne Richtung Backstage. Nun muss man wissen, der Backstagebereich des Molotow geht direkt vom Konzert-Raum ab, eine winzige rote Holztür an der rechten Seite der Bühne. Wir stehen genau davor. Wir machen höflich Platz, die Band klopft, niemand öffnet. Die Jungs rütteln ein bisschen an der Tür, Ratlosigkeit, dann: „Ok. Let´s go back on stage.“ Soviel Pragmatismus ist rührend, zumindest dafür gibt es noch einen Sympathiepunkt. Ungefragt kehren die Grabräuber des Britpop für zwei weitere Belanglosigkeiten zurück, inzwischen wird der Backstagebereich dankenswerterweise geöffnet. The Rifles hatten übrigens allesamt ihre Eltern mitgebracht, anders ist es nicht zu erklären, dass sich im Molotow viele ältere, britische Ladys und Gentlemen eingefunden hatten. Zwei der trinkfesten Zahnarzt-Phobiker durfte ich nach dem Konzert am Tresen belauschen. Sie sprachen über Mr Brown: „Brilliant music!“ ........................................ritsch. Links zum Thema: Mr Brown: The Rifles: ... Link Dienstag, 23. Mai 2006
KAFFEE.SATZ.LESEN 31 mit John von Düffel, Mequito, June Melby, Rev.Dabeler und .klein
herr paulsen
19:29h
Hach Kinners ist das schön, Sonntag wird ein Fest! Ausnahmsweise sei mir bei der monatlichen Kaffee.Satz.Lesen-Ankündigung ein wenig persönliches "Hurra!" rufen erlaubt. Denn zum letzten KSL vor der Sommerpause kommt John von Düffel. Ich verehre John von Düffel. Sein letzter Roman "Houwelandt" gehört zu meinen zehn Lieblingsbüchern ever. Das er seinen brandneuen Roman "Hotel Angst" (DuMont) bei uns vorstellt ist ein kleines Wunder. Außerdem dabei, der wunderbare Mequito, ja DER, dessen Erzählung "Ein verregneter Sommer" zum Besten gehört, was ich im letzten Jahr im Netz gelesen habe. Und diese Geschichte gehört nicht nur ins Netz sondern auf die Bühne. Aus Los Angeles kommt die unglaubliche June Melby, Reverend Ch. Dabeler schwingt kraftvoll die Wörterkeule und wir haben ".klein" an Bord. ".klein" ist die beste Band Hamburgs. Weiß nur noch keiner. Sonntag ändern wir das. KAFFEE.SATZ.LESEN 31 John von Düffel *1966
geboren in Göttingen, Theater- und Filmkritiker, Dramatiker und Übersetzer. Zurzeit ist er als Dramaturg am Hamburger Thalia-Theater tätig. 1998 erhielt er für seinen Debütroman „Vom Wasser“ den Ernst-Willner-Preis in Klagenfurt, den Jürgen-Ponto-Preis, den Mara Cassens-Preis des Literaturhauses Hamburg und den aspekte-Literaturpreis. 2005 erhielt er für seinen Roman „Houwelandt“ den Preis „Das neue Buch“, der jährlich vom Verband deutscher Schriftsteller (VS) Niedersachsen/Bremen ausgelobt wird. Sein neuer Roman „Hotel Angst“ (DuMont, Köln, Frühjahr 2006) erzählt von einer Fahrt Richtung Vergangenheit, nach Bordighera an der italienischen Riviera, dahin, wo der Erzähler in Gedanken schon so oft gewesen ist, ins „Hotel Angst“ – benannt nach seinem Besitzer Adolf Angst – ein Luxushotel der Jahrhundertwende, eine Titanic unter den mondänen Prachthotels dieser Welt. „Hotel Angst“ erzählt die Geschichte eines magischen Ortes, bewohnt von seiner Vergangenheit, und von der Erinnerung an den Vater, der davon träumt, das Hotel Angst wieder zu eröffnen. June Melby *1972 „It is true that June was raised on a miniature golf course in the Midwest which her parents still own. She knows how to make cotton candy really, really well; often the cotton candies come out too large and then the kids feel a little sick after eating it all.“ (June Melby about herself). Die Lyrikerin, Poetry-Performerin und Musikerin June Melby ist mit Büchern wie „The Chicken Dilemma“ und „Tub Toys“ berühmt geworden, sie tritt in den Staaten sowohl als Solokünstlerin als auch mit ihrer Band „June Melby and Her Future Enemies“ auf. Nach vier ausverkauften Europatourneen seit 2000 begeisterte sie 2003 erstmals das KAFFEE.SATZ.LESEN-Publikum. Wir freuen uns auf das Wiedersehen. Rev. Christian Dabeler *1965 in Hamburg geboren, ist als Produzent, Musiker und Autor tätig. Er arbeitete musikalisch in Deutschland und den USA mit verschiedenen Größen wie z.B. Robert Forster von den Go Betweens. Er tourte jahrelang mit Rocko Schamoni, mit dem er auch die Drehbücher für die drei „Rollo Aller“-Filme schrieb. Seit Ende der Neunziger verfasst er Essays und Erzählungen und war als Komponist an verschiedenen Theatern tätig. Gemeinsam mit Almut Klotz arbeitet Dabeler zur Zeit am ersten Album ihrer Band „Europa“. Jüngst erschien der ebenfalls gemeinsam mit A. Klotz verfasste Roman „Aus dem Leben des Manuel Zorn “. Mek Wito *1975
.klein *2005 .klein ist ein akustisches, laptopunterstütztes Duo - irgendwo zwischen Folk, Country und Britpop. Der Sänger und Poet Lutz Nikolaus Kratzer (voc., git.) und der Musiker Patrick Müller (electronics) vertonen unsere Welt. Man könnte es als melancholische Reisemusik bezeichnen, durchsetzt mit knisternden, schnarrenden, brüchigen und rascheligen Elektronika.Ihr Debüt-Album „The Next Small Thing“ erschien am 12. Mai bei PopupRecords. Pressestimmen: Mehr über die redereihamburg e.V. und KAFFEE.SATZ.LESEN gibt es im Internet unter ... Link Samstag, 20. Mai 2006
Herr Paulsen hört Musik: Neues aus Barcelona
herr paulsen
12:44h
Am Plaça de Catalunya, unweit des imposanten Cafe Zurich und den Ramblas steht das „Fnac“, eine Art Media Markt in Hübsch. Fnac besuche ich immer zuerst wenn ich mal nach Barcelona komme, Stunden kann ich dort in der "musica nacional"-Abteilung verbringen und auch diesmal hab ich ein paar schöne Platten mitgebracht. Die Spanier sind Meister der Fusion verschiedenster Musikstile, hier verschmelzen Reggae, Latin, Ska, Elektro, Hip Hop und Punk mit traditioneller Musik aus Spanien, Afrika, Indien und dem Orient. Barcelona ist die Metropole dieser spannenden, neuen „Weltmusik“, gänzlich befreit von jedem Holzketten-Ursel-Müsli-Klischee entstehen hier Tracks für die Clubs, den Strand, das Leben, den Sommer. Letzterer kommt sicher, hier eine Auswahl der neusten musikalischen Begleiter aus Barcelona: BARCELONA RAVAL SESSIONS I & II Die beiden dicken Doppelalben der Barcelona Raval Sessions sind der wohl ausführlichste, musikalische Stadtplan den man sich wünschen kann, die ideale Einstiegsdroge. Auf den beiden Samplern sind insgesamt 68 Bands vorgestellt, das who is who der neuen, katalanischen Musik. Eben ist die zweite Ausgabe erschienen, lohnend sind beide Alben, da ist wirklich für jeden was dabei, selbst House-Einflüsse und Dancefloor-Tunes haben ihre Berechtigung zwischen Mestizo-Funk, Rumba, Surfpunk, Klezmer-Musik und Oriental-Pop. Dazu viel kraftvoller Hip Hop, dicke Reggae-Schlepper und fliegenden Ska-Nummern. Groß! MUCHACHITO BOMBO INFIERNO: VAMOS QUE NOS VAMOS "Vergesst alles, was in der letzten Zeit aus Barcelona kam – Muchachito Bombo Infierno werden über uns hinweg rasen wie ein Orkan.“ , sagt Anna-Bianca Krause vom RBB Multikulti und dem WDR Funkhaus Europa. Da hat sie wohl Recht. Auch bei dieser Band steht Fusion im Vordergrund, allerdings spielen sich Muchachito Bombo Infierno überwiegend Sortenrein durchs Sortiment. Der Opener „El Compadre“ ist eine lupenreine Funk-Nummer, die an die alten Blaxploitation-Filme der 70er erinnert, inklusive Polizeisierenen, nach einer Minute mündet das ganze in eine wunderbare Swingnummer mit den dicken Bläsern die ich so liebe, dazu die Reibeisenstimme Jairo Perera Viedma alias Muchachito, der den roten Faden durchs Album liefert und alles zusammen hält. Und der abgedroschene Begriff Reibeisenstimme hat hier durchaus seine Berechtigung. „ Me tienes frito“, gleich noch eine perfekte Schwingnummer, bevor es dann munter durch sämtliche, oben genannten Musikstile geht, inklusive geklampftem Reggae. Umwerfend ist die Schlussnummer, eine Huldigung an Quentin Tarantino, „Paguito Tarantino“, Surfpunk mit flirrenden Westerngitarren. Nochmal das Funkhaus Europa, diesmal Francis Gay: "Die beste Nachricht aus Spanien seit der Abwahl von José Maria Aznar." Extrapunkte gibt’s für das wunderschöne Booklet und die ebenfalls kunstvoll gestaltete Internetseite: http://www.muchachitobomboinfierno.com/ GO LEM SYSTEM: CACERIA Nun ist ja das Leben nicht immer nur Disko und Pommes, man muss ja auch mal schön chillen, auf Balkonien. Zumindest Reggaeheads und Skastern dürfte das Golem System da eine Hilfe sein. Die gebürtigen Argentinier leben seit 2001 in Barcelona und weben auf ihrem vierten Album (dem zweiten aus Barcelona) feinste Reggae-Tunes und elegante Ska-Nummern angerichtet mit vereinzelten Dub-Elementen. Ein wunderbare Mischung, Roots und Moderne wie geschmiert. Die sechs Mann starke Truppe spielen ohne Schlagzeug, das ist hier eher ein Gewinn, wenn erdige Musik sich über akuraten Beats aus der Box ausbreitet. http://www.golemsystem.com/ MACACO: INGRAVITTO Der wohl „poppigste“ Vertreter, der hier vorgestellten Bands ist Macaco und er macht höllisch Spaß! Hip-Hop-Latino, ordentliche Scratches, fette, brasilianische Drums, Prise Electro, aber auch schmachtende Liebeslieder, vorgetragen mit der näselnden Stimme eines Manu Chao. Insgesamt erinnert die Platte in ihrer Sommerseligkeit an den guten, alten Jovanotti und das ist hier durchaus als Kompliment zu verstehen. Mit vielen Gastspielen, u.a. geben sich die oben vorgestellten Muchachito Bombo Infierno die Ehre. http://www.imaginalia.org/macaco/menu.htm LA KINKY BEAT: ONE MORE TIME La Kinky Beat sind zurück. Schon im letzten Jahr in diesem Blog ausdrücklich empfohlen, ist auch das neue Album entzückend. Wenn man Ska und Punkrock mag. Das sind nämlich die zwei Hauptzutaten, der wilde Stilmix des ersten Albums ist hier aufgelöst, es gibt einfach ordentlich auf die Zwölf. Das „Flagschiff des Mestizo Rock“ schwimmt in 80er Jahre Gewässern und die Stimme der Sängerin Matahary erinnert zudem oft stark an die große Pauline Black von „The Selecter“. So ist „One more time“ eher eine Reise back in time. Für den ders mag ists riesig. http://www.lakinkybeat.com/ So, das reicht eigentlich schon für einen Deutschen Sommer. Wenn er denn mal endlich kommt. ... Link Donnerstag, 18. Mai 2006
Heute mal ganz früh Feierabend gemacht.
herr paulsen
17:11h
Und Morgen ist dann wieder mal bundesweiter Ärztestreik. Sollte ich heute Nacht also Wundstarrkrampf bekommen, muss ich mir den Rest der Hand Morgen auch noch selber abschneiden. ... Link
Sprachlos in Barcelona
herr paulsen
09:58h
Neid und Missgunst begleiten gerne den Freischaffenden, dem es gelingt, einen Auftrag in der Fremde zu finden insbesondere wenn dieser sein Brot eine Weile am Meer, am Strand wo Sonne scheint, verdient. Alles Mumpitz, das kann ich Ihnen aber sagen. Denn das Wesen der Arbeit ist die Beschäftigung und es ist der Arbeit herzlich egal wo sie statt findet. Spätestens am zweiten Tag, nach weiteren zwölf Stunden Arbeit unter der jetzt schon spektakulär sengenden Sonne Spaniens, verwandelt sich das völlig unvorbereitete Nordlicht in ein Rotlicht, da helfen auch astronomische Lichtschutzfaktoren wenig. Da kann man Essen gehen. Zum Beispiel ins Restaurant „La Canasta“ in Castelldefels. Ich sitze da, rot glühend mit brennenden, verquollenen Augen und sehe insgesamt so aus, als hätte ich den Abend schon hinter mir den ich noch vor mir habe. Der einäugige Kellner erscheint, bringt die Karte und hält einen Vortrag. Und da ist es wieder, mein anderes Problem. Mit der Muttersprache klappt es seit ein paar Jahren ganz gut, ich kann auch in englischsprachigen Ländern überleben und auch auf Französisch fällt mir in wachen Momenten der passende Satz zur Lebenslage ein. Aber Spanisch? Ich kann sagen: „Hallo, mein Name ist Paulsen, ich bin aus Hamburg, wie geht es ihnen, danke sehr gut und ihnen, ein Bier bitte, danke, die Rechnung.“ Außerdem weiß ich, was Fleischklößchen auf Spanisch heißt und Pfefferschote und Lammfleisch. Das ist nicht viel und schon am Flughafen gingen die Probleme los. Eben in Barcelona gelandet, nannte ich dem bärtigen, katalanischen Taxifahrer mein Reiseziel. Während des Fluges hatte ich an einer möglichst flüssigen und beiläufigen Aussprache der Adresse gearbeitet. Der Mann drehte sich rum, riss die Augen erst weit auf (internationales Zeichen für Erstaunen), dann kniff er selbige zusammen und runzelte die breite Stirn (internationales Zeichen für Nachdenken), dann schüttelte er vehement den Kopf (internationales Zeichen für Nö, gibt es nicht). Ich reichte dem Mann den Zettel mit der Adresse nach vorn, erneutes Kopfschütteln, widerwillige Eingabe des Fahrziels in ein Navigationssystem (!) und schon dreißig Euro später stand ich vor meiner neuen Arbeitsstelle. Im Restaurant gibt es kein Navi, aber gottlob, eine Deutsche Karte. Ich bestelle Blutwurst (Morcilla Burgos) und als Hauptgang gebratenen Kabeljau (Bacalao Brasa). Ungefragt wird geröstetes Brot (Pan Tostado) gebracht, dazu überreife, kleine Tomaten, Knoblauchzehen und Olivenöl. Das kenn ich! Mein deutschsprachiger Begleiter berichtet, das die Katalanen die Schwaben des Mittelmeeres seien und wo andernorts das Brot erst mit Olivenöl getränkt wird und dann mit Knoblauch und Tomate bestrichen, streicht der Katalane erst die Tomate auf, damit nicht zuviel des wertvollen Öls ins Brot sickert. Gut, dass wir keine Katalanen sind, ein bisschen Salz und groben Pfeffer noch, es schmeckt himmlisch. Die Blutwurst-Taler sind sehr fest und kross, eine Blutwurst mit Reis, die eigentlich gebraten wird, hier kommen die Taler aus der Fritteuse. Dafür entschädigt der Kabeljau, wunderbar zartblättrig zerfällt das Filet auf einem Berg weicher, weißer Bohnen die in Olivenöl und Knoblauch schwimmen. Dazu trinken wir eine Flasche „Gran Caus“ Rosado, ein spanischer Rosé der ausschließlich aus Merlot-Trauben gekeltert wird und mir mit 13 Umdrehungen den Rest gibt. Während der Tage verschlimmern sich die Sprachprobleme. Das Hausmädchen des Fotografen, eine junge, fröhliche, kleine Person, hält mir unermüdlich sehr lange Vorträge. Über was, kann ich nur raten. Ich stehe in der Küche, lächle freundlich zurück, rufe zwischendurch: „Hallo, mein Name ist Paulsen, ich bin aus Hamburg, wie geht es ihnen, danke sehr gut und ihnen, ein Bier bitte, danke, die Rechnung.“, lächelnd macht sich das Hausmädchen dann an den Abwasch und erzählt mir nebenbei wortreich ihre Sicht der Weltenlage. Fleischbällchen. Ich schäme mich wirklich sehr, es nervt, zur Sprachlosigkeit verdammt zu sein, zwei Fremdsprachen reichen einfach nicht, Kinder, denke ich, lernt mehr Sprachen und ich muss an die doofen Lateiner denken, die verlachten, vom humanistischen Gymnasium nebenan, damals. Selbst die könnten jetzt irgendetwas „Ableiten“ von ihrer „toten“ Sprache und in Windeseile, charmant das Hausmädchen aufs Kreuz legen, der Weltenbürger Paulsen sagt nur „Pfefferschote“. Sprachlos bin ich auch während eines abendlichen Alleingangs, den Berg hinunter, über die Bahnschienen, zum Strand. An der Strandbar bestelle ich ein Bier (auf Spanisch!), dann schweige ich wieder. Es gibt auch nichts zu sagen, zu dem, was sich dort in der Abendsonne abspielt. Ich bin in die Video-Dreharbeiten zu einem „Sommerhit“ geplatzt, an die dreißig, blutjunge, sonnenverwöhnte Bikinigirls werfen jubelnd die Hände in die Höhe, wiegen geschmeidig perfekte Körper vor der Meeresbrandung, zwei Kamerakräne fangen die perfekte Schönheit ein. Kleine, feste Hintern in winzigen Tangas drehen sich zur scheppernden Disko-Mucke, rotes, braunes, blondes Haar weht im warmen Abendwind, feine Schweißperlen, wie aufgesprüht auf den wohl geformten Gesichtern, den stolzen Wangenknochen. Zur Abkühlung betrachte ich die männlichen Tänzer. Der Anblick der hoch definierten, muskulösen Körper lassen meine Libido augenblicklich zu Erbsengröße schrumpeln. Jeder dieser Jungs trägt sechs eingeschweißte Frankfurter Würstchen unter der pergamentdünnen, goldbraunen Haut, da wo ich einen Bauch habe. Ich esse gerne Frankfurter Würstchen, irgendwas mache ich falsch. Auch einen Modetrend habe ich mitgebracht von diesem Dreh, Männer aufgepasst: kaufen sie sich eine Jogginghose in neongelb oder neongrün. Krempeln sie das linke Bein bis zur Wade hoch, das rechte Bein, Achtung, bis zum Schritt! Die Mutigen unter ihnen tragen dazu ein farblich passendes Stirnband. Ein T-Shirt ist unnötiger Ballast, sechs Frankfurter Würstchen tun es auch. Insgesamt war mein Auslandseinsatz eine anstrengende Erfahrung, Neid und Missgunst sind unangebracht, lassen Sie es sich gesagt sein von ihrer Kioks-Glühbirne, dem sprachlosen Fleischklößchen Paulsen. ... Link ... Nächste Seite
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