Dem Herrn Paulsen sein Kiosk |
Samstag, 17. März 2007
The return of the wiedergeborenem König aller Weltmeere
herr paulsen
20:36h
„So kannst Du nicht abreisen“ rauscht das Meer. Zwei Wochen räkelte es sich vor meinem Fenster, zeigte die tiefen blauen Töne dieser Welt und wenn es hoch herging, ließen sich barcelonesische Studenten in Neopren-Anzügen ans Ufer schwemmen, rein, raus, rein, raus, rauchten am Strand einen Joint, bliesen den Sand von ihren Hornbrillen und nahmen den nächsten Zug zurück in die Stadt, alberne Styroporbretter unter den Armen. Mein Neid war grenzenlos, oben auf dem Berg. Ich suche meine Badehose. Natürlich habe ich keine mit. Ich komme aus Hamburg und es ist März. Im Dreckige-Wäsche-Berg suche ich die Unterhose heraus, die am meisten an eine Badehose erinnert. In Jeans, T-Shirt und Pullover mache ich mich auf den Weg, hinunter zum Strand. Mein Handtuch habe ich in der Umhängetasche versteckt, es ist mir alles ein bisschen peinlich, schaut mal, da der Deutsche, der will jetzt schwimmen gehen. Ich habe aber auch freudiges Herzklopfen, dieses unbezahlbare, nicht selbst herbeizuführende Herzklopfen, das den ganzen Körper ausfüllt, immer dann, wenn man etwas spannendes das erste Mal tut. Diese Art von Herzklopfen wird weniger mit den Jahren, ein Geschenk. Die Studenten am Strand sind vollständig in Übergangskleidung gewandet, rauchen dicke Tüten und lachen viel. Jetzt heißt es ein Mann sein. Die albernen Kiffer können ja nicht wissen, dass ich der wiedergeborene König aller Weltmeere bin! Der wiedergeborene König aller Weltmeere ist in einem miserablen Zustand. Eine blasse Nacktmulle, Arme und Gesicht von der katalanischen Sonne absurd gebräunt, der Rest ist Leiche. Des Königs Badehose sieht aus wie eine Unterhose. Die Studenten bekommen Atemnot, ein Gelächter ist das, herrlich! Ich hätte das gerne alleine gemacht, nur so für mich, jetzt gibt es aber kein Zurück. Die Studenten setzen mich arg unter Druck, nix mit erstmal mit der Zehe vorspüren, nein, jetzt wird zügig rein marschiert. Es ist als ob man im Sommer, auf einer Gartenparty, mit erhitzten Armen in einer Eiswanne nach dem Bier fischt. Nur kälter. Das Wasser ist sehr flach. Ich laufe nun schon ewig lange, mindestens zehn Sekunden, auf den Horizont zu, das Wasser will nicht steigen. Die Füsse sind seltsamerweise einverstanden, beschweren sich nicht und tragen mich zügig vom Strand weg. Es will nicht tiefer werden, das Meer lacht mich aus, nein, es ist der Strand, die Studenten und ich denke, und das ist mein letzter Gedanke: ich muss diese Badehose, diesen sonnenangeknabberten Albino-Körper unter Wasser kriegen, es ist ein Trauerspiel, das beendet werden muss, hinein, hinein! Ich lasse mich nach vorne fallen, mein Körper wird zum Pfeil, ich tauche durch eisklares Salzwasser und es ist ein großer Moment. Es ist alles weg, der Job, die Sorgen, die Ängste, die Wünsche. Das ganze Denken: ausgeschaltet. Zum ersten Mal in meinem Leben denke ich nichts. Die Maschine wurde gestoppt. Sensationell, denke ich, aber erst, als der Überlebenswille des Körpers mich aus dem Wasser reißt. Taumelnd schwemmt es Klarheit an, ich war nur einen Wimpernschlag unter Wasser, habe mich keinen Meter bewegt, ein ruhender Pfeil im Meer. Die Stundenten kreischen vor Vergnügen, winken mit Bierdosen, einige sind aufgestanden und klatschen. Ist mir sooo egal! Ich habe mal fast zwei Jahre in einem buddhistischen Zentrum, jeden Dienstag, Donnerstag und Freitag meditiert, saß da und dachte über mein Tagwerk nach, mechanisch Mantren murmelnd, alles für diesen Wimpernschlag, eben gerade. Das muss ich jetzt sofort noch mal haben. Ich werfe mich noch mal rein. So schnell habe ich mich noch nie angezogen und selten gab es soviel Applaus für Rückwärtsstrippen. Die Buben sind ganz aus dem Häuschen, sprechen schneller Spanisch als der Wind, ich lächle milde, winke mit der freien Hand, die nicht an der Hose zieht. Schnell weg. Als ich aus dem Bahnhofstunnel trete, drehe ich mich noch mal um zum Strand, zum Meer. Die Studenten sind dabei sich auszuziehen, drei von ihnen rennen bereits schreiend ins flache Wasser. Am Horizont ein seltsam gekrümmter Wellenkamm. Das Meer blinzelt seinem König verschwörerisch zu. ... Link |
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