Dem Herrn Paulsen sein Kiosk
Dienstag, 18. März 2008
Opa Paulsen kehrt zurück


Der junge Paulsen (rechts), Sommer 1988

Gestern Abend sahen wir im Fernsehen eine Reportage über den Rudolf Achenbach Preis. Die besten Kochlehrlinge des Landes treten da gegeneinander an. Ich war erstaunt. Die ehrgeizige Jungköche brillierten überwiegend mit aufwendig gerollten Kleinkunstwerken, allerlei zeitraubendem Bastelkram, effektvoll schraubten sich besonders die Desserts in ungeahnte Höhen, das Backwerk zum Himmel, komm lasst uns Sieger sein. Als ich vor zwanzig Jahren am Rudolf Achenbachpreis teilnahm (Vorentscheidung Landesverband Baden Württemberg), ging es da irgendwie gediegener zu. Es gewann ein Mädchen das Kartoffelkroketten in Mäuseform gebracht hatte, mit Nelkenaugen. Und ich servierte zum Nachtisch gelierten Weinglibber mit Trauben („gekühltes Weinsüppchen mit seinen Trauben“). Dessert konnte ich damals schon nicht.

So saß ich da also gestern vor der Glotze wunderte mich und die Liebste lachte Tränen „Weinglibber!“, rief sie wieder und wieder, voller Begeisterung und atemlos: „Vierter Platz!“ Und wie ich mich so wunderte über das Kochen und die Liebe, da fiel mir noch was auf: wie altmodisch die fressigen Neubauten doch sind. Dass womit die Kochlehrlinge da handwerklich überzeugten war der alte Angeber-Spielkram der Achtziger, solides Blendwerk, barocke Kompositionen.

Im Laufe der Reportage lichtete sich meine Verwunderung, ich erfuhr dass, im Gegensatz zu meinem Wettbewerb vor zwei Jahrzehnten, die Lehrlinge heute den zu verkochenden Warenkorb bereits Wochen vorher kennen. Und üben können. Das wiederum deutet daraufhin, das hinter all dem verspielten Tand ehrgeizige Ausbilder und Küchenchefs stehen, die sich kulinarisch immer noch auf einem Küchenball der achtziger Jahre befinden.

In der Nacht trat ich dann zur Rettung der Deutschen Küche an. Kaum hatte ich die Augen geschlossen, wurde das Licht heller, es roch nach der kräftigen Jus die in einem großen Topf simmerte, Flammen explodierten über schwarzen Pfannen, wie ein altes Dampfschiff bollerten in der Spülküche die Maschinen rhythmisch dröhnen über Topfgeklapper und gebrüllten Zubereitunsgbefehlen. Monsieur stand ganz hinten im Küchenbüro und war nicht im mindesten überrascht, mich zu sehen. In Kochmontur.
„Monsieur, ich möchte wieder bei ihnen anfangen.“
Kunstpause. (auch im Traum neige ich, so scheint es, zur Dramatisierung)
„Es ist mir ernst!“
„Und die Liebste, was sagt die?“
„Ich werde es ihr erklären, sie wird es verstehen, es ist wichtig.“
Wir nickten einander schweigend zu und ich machte mich ernsten Blickes an die Arbeit.
Diesmal würde ich den Achenbachpreis revolutionieren!

Rudolf Achenbach Preis