Dem Herrn Paulsen sein Kiosk |
Montag, 24. September 2007
Der Kiosk in Frankreich (2): Wo Gott in Frankreich sicher nicht isst.
herr paulsen
18:33h
Lyon / Isère In Lyon, der zweitgrößten Stadt Frankreichs lässt es sich bestimmt prima übernachten. Wenn nicht gerade zwei große Kongresse, die Rugby-Weltmeisterschaften und die Lyon-Biennale gleichzeitig stattfinden. Die Dame vom Tourismusbüro erklärt uns das höflich. Erstmals hege ich leise Zweifel an unserer Entscheidung, nur für die erste Station unserer Reise ein Hotel gebucht zu haben. Einfach losfahren, treiben lassen. Pfff. Die Liebste blättert im Hotelführer. Da gab es doch so ein Schloss, nur eine halbe Stunde von Lyon entfernt. Die Tourismusbeauftragte ruft da für uns an, ja, Zimmer frei. Ob wir auch zum Abendessen kommen wollten? Wollen wir. Schwerer Fehler. Hochherrschaftlich leuchtet das Landschloss Domaine de Clairefontaine in der Abendsonne. Luxuskarossen, alte Leute, steifes Personal. Wir beziehen unsere Zimmer im nahe gelegenen Marais Saint Jean, dem Zweithaus der Familie Giradon und machen uns hübsch fürs Abendessen im Schloss. Die Küche sei ausgezeichnet, ja von einem „Zauber des hervorragenden Essens“ ist sogar die Rede. Wir freuen uns. Für alle die nicht gerne lange Texte lesen, fasse ich den folgenden Abend mal kurz zusammen: schlechtes, zum Teil verdorbenes Essen, pampige, verstockte Kellner und alles schweineteuer. Details? Die Gänseleber schillert in acht verschiedenen Farbtönen, von grün bis lila mit schwarzem Rand. Der Thunfisch der Liebsten schillert ebenfalls technicolor und brennt im Mund. Reklamation zunächst unmöglich, man besteht auf Französisch. Mein Französisch reicht nicht um meinen Ekel auszudrücken. Zeichensprache. Murrend wird abgeräumt. Mit vielen Worten des Bedauerns wird ein perfekter Thunfisch aufgetragen. Geht doch, geht aber irgendwie gar nicht. Meine Lammstelze ist in Ordnung, die Kaninchenroulade der Liebsten ein graubrauner Scheiß. Das Dessert kündigt sich als Variation von Rhabarber und Erdbeere an. Es kommt: klein geschnibbelte Erdbeeren an steinhartem Mürbteig mit gummiartiger Erdbeer-“Mousse“-Füllung. Der Rhabarber befindet sich, grau gekocht, unter der Mousse. Alles ist natürlich eiskalt. Danach angetrockneter Käse vom Wagen. Vier Gänge für 60 Euro pro Person. Wir verlassen fluchtartig das Lokal, trinken nicht mal mehr den Wein aus, zu groß ist die Gefahr, dass ich laut werde und Unbeteiligte verletze. Zurück im Hotelzimmer entnehmen wir einem unserer Reiseführer, dass wir gerade bei einem Koch gegessen haben, der einen Michelin-Stern hat. Wir lachen uns hysterisch in den Schlaf. Domaine de Clairefontaine
|
Online for 8315 days
Last update: 04.03.10, 19:50 status
Youre not logged in ... Login
recent updates
Gern gelesen:
Ami
Gern gehört:
Audioporncentral
Gern dabei:
NutriCulinary
|