Dem Herrn Paulsen sein Kiosk
Freitag, 21. Oktober 2005
Plötzlich find ich Fuball prima.


Wenn das eigene Leben vermehrt nur durch betriebsame Eintönigkeit führt, ist Unterwegs der beste Ort zu sein. Naja. Wie man es nimmt. Wenig erfreulich die Dame mittleren Alters die sich, trotz vieler freier Sitzplätze, dreist in meiner, während Zugreisen sowieso sehr streng abgesteckten Menschen-Allergie-Ranch niederlässt, dort mehrfach den Platz wechselt und sich nicht entscheiden kann ob sie mir gegenüber oder direkt neben mir sitzen will. Sie entscheidet sich für neben mir und verliert dort zügig die Kontrolle über ihre Blase.
Der Geruch verfolgt mich noch bis zu dem elenden Hotel in dem ich alle zwei Monate beruflich bedingt absteigen muss. Es ist das Hotel einer Kette die ihre große Zeit Anfang der Achtziger hatte und seitdem kein Geld für den Imagewechsel. Sonst nächtigen dort ausschließlich männliche Schicksalsgenossen, wir unterscheiden uns nur in Bauchumfang und Krawatten-Geschmack, bei Ersterem liegen sie sogar vorn. Umso erfreulicher diesmal die beige Hotelhalle mit jungen, attraktiven Frauen angefüllt zu sehen. Sie tragen alle Trainingsanzüge in schwarz mit weißen Streifen. Auf den Rücken der Trainingsjacken ist eine Katze aufgedruckt, darunter steht Katjes. Vorne auf den Trainingsjacken steht Mercedes und dann ist da noch ein Runder Aufnäher mit dem Bundesadler in der Mitte, drumrum irgendwas in winziger Schrift. Schön, denke ich, Volleyball, oder Handball. Dann esse ich einsam beim Griechen um die Ecke und kleckere Kurkow mit Tsaziki voll.

Am Morgen sind die Damen im Frühstücksraum, sitzen bei den Nichtrauchern und ich kann nix sehen, weil ich Raucher sitze. Ein ebenfalls am vorausgegangenen Abend angereister Geschäftspartner war nicht beim Griechen sondern in der Sauna und klärt mich mit leuchtenden Augen auf. War er doch tatsächlich mit Teilen der Frauen-Nationalmannschaft des Deutschen-Fußball Bundes (DFB) schwitzen! Nachfrage des unerfahrenen Saunierers/Sportfans ergibt: „Ja, ganz nackig!“ und „ Ja, Fußball !“ Ich interessiere mich überhaupt nicht für Fußball, bin aber trotzdem beeindruckt und überlege ob ich vor der Arbeit noch schnell ein Foto vom Mannschaftsbus vor dem Hotel mache. Verwerfe die Idee.

Nach Arbeit und „Geschäftsessen“ (Krenfleisch, Braunbier und ein Schnaps Namens „zum d´Wand nauf krabbeln“), Rückkehr zum Hotel. Die Damen schlafen natürlich schon, morgen geht’s gegen Schottland, WM-Qualifikation, erklärte man mir. In der Hotel-Bar ist aber noch ordentlich was los. Trainer, Medizinmann und sonstiges Gefolge, müssen ja morgen nicht spielen und freuen sich unter falschem Marmor des Lebens (Weizenbier, Marlboro light).

Und heute, ich steig in den Zug, da ist gerade Anpfiff, das Bayreuther Stadion ausverkauft (15.500) und ich drücke die Daumen und begebe mich in die kalten Hände der Deutschen Bahn, die mich auch diesmal nicht enttäuscht, also doch, aber wie gewohnt und ich denke, Mensch da schreibst Du gleich mal Zuhause erbost einen Blog-Eintrag drüber. Ich hole mein Notizbuch heraus, denke lange nach, schreibe dann: „Hauptsache gesund.“ , hole den Kurkow hervor und schlage die Stelle mit dem Tsaziki-Lesezeichen auf.

Zuhause dann gleich an den Computer und noch vor den Mails schnell den Spielausgang gegoogelt:

Deutschland-Schottland 4:0

Ich freu mich!