Dem Herrn Paulsen sein Kiosk
Dienstag, 30. August 2005
Richtig Umziehen, dritter Teil: Die Kaution

Heute ist Schlüsselübergabe. Das fiel mir gestern so auf und dass ich dazu ein Konto hätte einrichten sollen, bei der HSH Nordbank. Ohne Geld kein Schlüssel. Ich also gestern hurtig zu meiner Hausbank, Bargeld für die Nordbank holen. Erste Probleme beim Abheben. Mein Personalausweis ist abgelaufen. Seit fünf Monaten. Da ich aber seit zehn Jahren Kunde bin und mich meine dazu gerufene Bankberaterin zweifelsfrei als Herr Paulsen identifizierte sollte ich doch Geld bekommen. Nur noch unterschreiben. Ich unterschreibe. Da wäre noch ein Problem, sagte der Schaltermensch, wir haben jetzt hier drei verschiedene Unterschriften. Ich stutze. Recht hat er.

Unterschrift auf dem Personalausweis:
Kleine, krakelige Schrift zeugt von Unsicherheit und wenig Selbstvertrauen. Ein junger unreifer Mensch mit großen Zukunftsängsten.

Unterschrift auf der Auszahlungsquittung:
Schwungvolle, große Bögen und zackige Ausläufer zeugen von brummendem Selbstvertrauen, hoppla hier komm ich.

Unterschrift auf der Plastikkarte:
Oh das Feld ist ja total klein, wohin nur mit den Bögen und Ausläufern. Naja, schreib ich halt ganz klein.

Ich erkläre dem Schalterman, dass sich Lebensweisen, Lebensumstände und Unterschriften ändern. Kennt er. Hier, ihr Geld.

Die Nordbankdame bemerkt auch dass mein Personalausweis abgelaufen ist und gibt sich verstockt. Mein Hinweis, ich brächte doch Geld und wolle sonst nichts, perlt am kunstvoll geschmückten Nagellack ihres Mittelfingers ab.
Ich fahre durch die halbe Stadt zum Einwohnermeldeamt um einen vorübergehende Personalausweis zu beantragen. Ziehe eine Nummer und warte. Die Wartezeit vertreibe ich mir in einer Fotokabine die mit mir spricht und unsagbar hässliche Terroristenfotos macht. Ich sehe aus wie ein übernächtigter Inder, das Haar klebt matt an der verschwitzten Rübe und mein falsches Lächeln wird mir die Einreise in fremde Länder nicht erleichtern.

Nach nur zwei Stunden befinde ich mich wieder auf der Rückreise zur Nordbank. Die Dame mit den Kunstnägeln hasst mich. Kalt lächelnd eröffnet sie mir, dass die Eröffnung meines Kontos zwanzig Minuten dauern wird. Das machen nämlich die drei Azubis neben ihr, die das mal lernen müssen, wie das so geht mit einem Mietkautionskonto. Ich könne ja ein „Eis schlecken gehen“, sie „beneide mich sehr um diese Option“. Nein, ich schlage keine Frauen.

Zwanzig Minuten später. Die Azubis begreifen es nicht und ich muss weitere zwanzig Minuten warten, dann zur Kasse und dann wieder zu der schrecklichen Frau, die mir endlich die Einzahlungsquittung für die Schlüsselübergabe überreicht.

Nach vier Stunden bin ich wieder zuhause. Die Liebste packt schweigend Umzugskartons und grüßt mich nicht.