Dem Herrn Paulsen sein Kiosk
Mittwoch, 29. Juni 2005
Nur mal ganz kurz: Michael Stipe, John Watts und Thom Yorke, gerade eben live in einem Schrebergarten in Altona

Ein Garten mitten in Altona. Ein Schrebergarten. Datscha, sagen Menschen denen Schrebergärten peinlich sind. Wir sind eingeladen in einem Schrebergarten, weil „Datscha“ bedeutet Haus, erklärt der frisch gebackene Schrebergartenbesitzer, zeigt auf den ächzenden Geräteschuppen und erklärt: „Das ist kein Haus.“

Im Geräteschuppen ein Pappklo. Baut man zusammen und stülpt es über einen Eimer Sand. Ist sogar oval ausgeschnitten oben. Für die Frauen, sagt der Gastgeber, Männer in die Büsche. Grillen. Warmes Bier, Büsche. Alles mitten in Altona. Betonung auf Mitte, Mitte meint ein zugewachsenes Grundstück mit einem Geräteschuppen, umringt von alten Bäumen, das nächste Wohnhaus in greifbarer Nähe. Das Grundstück ist groß. Kein Schrebergarten. Aber wegen des Geräteschuppens eben doch, erklärt der Gastgeber und fügt hinzu: „Wir haben einen Gärtner engagiert.“

Es gibt Grillfleisch und Salate aus Plastikbechern und Köpi und ein Lagerfeuer. Und plötzlich packen Menschen Instrumente aus. Bongo. Stöhn. Ein Becken und darauf geschraubt so ein Holzstück, ausgehöhlt, das tönt. Eine Gitarre. Ein Cello!

Leise schabt der Besen über das Becken, das Cello schaukelt sich mit breiten Strichen hoch, der Gitarrenmann greift in die Seiten und dann

This is the day, your life will surely change.

The The. Mit Cello. Unplugged. Der Gitarrist singt. Eine Mischung aus Michael Stipe, John Watts und Thom Yorke. Mehr Musik. Die Musik klingt wie R.E.M, John Watts (ohne Fischer Z) und Radiohead. Unplugged. Das hört man so und denkt, das hat man ja alles schon gehört, aber das ist anders hier, mit dem Lagefeuer und dem Schrebergarten und dem mächtigen Cello. Lichter gehen an, in den Häusern rundum, erste die Treppenlichter in den Glasbaustein-Treppenhäusern, Menschen an Fenstern, blinken, blinzeln durch das dunkle Laub der hohen Bäume und die Gastgeberin sagt, das sich hier nie jemand beschwert.

Das Konzert endet mit einer Coverversion von Radioheads High & Dry.

t’s the best thing that you’ve ever had, the best thing that you’ve ever, ever had.
It’s the best thing that you’ve ever, the best thing you have ever had has gone away.

Don’t leave me high, don’t leave me dry
Don’t leave me high, don’t leave me dry

Und ich schwöre, wenn die Jungs danach noch „Night Swimming“ von R.E.M gespielt hätten, ich wäre verglüht in einem wohlig-warmen, kitschigen Glückslagerfeuerball.
Mitten in Altona, in einem Schrebergarten, Hela-Gewürzketchup-Flecken auf der Hose.