Dem Herrn Paulsen sein Kiosk
Freitag, 4. Februar 2005
Herr Paulsen schreibt einen Brief. Heute: an die Kleinkunstbühne am Rande der Stadt.

Liebe Kleinkunstbühne am Rande der Stadt,

da habt Ihr mich ja prima unterhalten, mit Eurem Programmheft, das ich heute in meinem Briefkasten fand. Ich war richtig begeistert beim Durchlesen. Vorgestern hab ich ja mit dem Chef gesprochen, der hat mich angerufen und gefragt ob ich mal bei Euch lesen will. Tut mir leid, das ich nicht gleich begeistert zugesagt habe, sondern erstmal Eure Programmheft angefordert habe, zum Kennenlernen, Ihr versteht?

Das hat sich aber so was von gelohnt, ich hatte wirklich Spaß beim Lesen. Ihr legt also „lyrische Gitarrenmusik" auf und lest "Gedichte von romantisch bis cool“. Also ich muss sagen, das rockt! Schön auch, dass der Gitarrist Herr K. nur einen Monat später „sein fetziges Projekt „Lieder des Herrn K."“ vorstellt! Das fetzt schon beim lesen! Und der Eintritt ist frei! Umsonst! Gratis!
Geil, wo gibt’s das denn heute noch!

Etwas überrascht war ich dann aber schon, das ich am selben Abend mit Herrn K. auf der Bühne stehen soll. Steht da. In Euerm Programmheft. Ihr erinnert Euch, ich hatte nicht zugesagt! Vorgestern. Erinnert Ihr nicht? Ach so.

Leider trübte sich meine Stimmung noch mehr als ich weiter lesen musste:

„Herr Paulsen, Hamburgs junge Comedy-Hoffnung, liest Umwerfendes.“

Den Satz, liebe Kleinkunstbühne am Rande der Stadt, nehme ich Euch jetzt mal wirklich übel. Eure hellseherischen Fähigkeiten bezüglich einer Lesung meinerseits mögen nicht die besten sein. Aber weder bin ich eine junge Comedy-Hoffnung, noch lese ich Umwerfendes. Es sei denn, die Luft im Saal ist extrem schlecht, durch all die Menschen die bei geschlossenen Fenstern zu Eurer selbstaufgelegten, schweißtreibenden, lyrischen Gitarrenmusik abgehen.

Greade wollte ich Euch meine Absage mailen, da fiel mir ein, Euer Chef hat ja keine Mail und auch kein kein Fax ist aber telefonisch zu erreichen. Ich ruf dann gleich mal an.

So nicht, liebe Kleinkunstbühne am Rande der Stadt, und bitte Programmhefte mit falschen Angaben immer ins Altpapier, nie in den Hausmüll!

mahnt,

romantisch-cool,

Herr Paulsen
(kein Comedian, nie gewesen.)