Dem Herrn Paulsen sein Kiosk |
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Samstag, 8. Juli 2006
Glückwunsch:der mairisch Verlag erhält Verlagsprämie der Hamburger Kulturbehörde.
herr paulsen
15:46h
Kinners was freu ich mich! Mit dem Hamburger mairisch Verlag verbindet uns eine lange Freundschaft, hier erschien die erste Kaffee.Satz.Lesen-Anthologie und auch der zweite Band wird im Herbst bei mairisch erscheinen. Der mairisch Verlag verlegt, ebenso unbürokratisch wie erfolgreich, junge Hamburger Autoren und gemeinsam mit Minimal Trash Art veranstalten sie die brillante Lesereihe "Transit". Hier sind Menschen mit Herzblut und Engagement an der Arbeit und als mich eben per Mail diese frohe Nachricht erreichte, da hab ich mich sehr gefreut, denn es erwischt genau die Richtigen: Mit den Prämien in Höhe von je 10.000 Euro zeichnet die Kulturbehörde besonders ambitionierte Programme von Hamburger Verlagen aus. In diesem Jahr geht eine Prämie an den marebuchverlag, die andere teilen sich der mairisch Verlag und MinimalTrashArt. Aus der Pressemeldung der Kulturbehörde: "Die beiden engagierten Hamburger Verlage mairisch Verlag und Minimal Trash Art sind in den letzten Jahren zu Zentren für Hamburgs umtriebiges junges literarisches Leben geworden. Gemeinsam veranstalten sie die monatliche Lesereihe "Transit„, zudem verbindet die Verlage ein ebenso offenes wie vielseitiges Publikationskonzept. Bei mairisch sind neben Büchern auch mehrere Hörspiele erschienen. Minimal Trash Art hat unter anderem viel versprechende Debüts junger Hamburger Autoren vorgelegt. Mit der Auszeichnung für die beiden Verlage will die Jury bewusst ein ermunterndes Zeichen für die höchst vitale junge Literaturszene Hamburgs setzen." Macht aber nix, liebe Frau von Welck, solang Sie Ihr Geld für so fördernswürdige Projekte ausgeben, geht das sehr in Ordnung! ... Link
Opa Paulsen erzählt: Ein russischer Abgang
herr paulsen
11:56h
Als gestern Abend die Nachbarsbuben wieder mal besoffen aus dem WG-Fenster speichelten, da wollte ich mich gerade empören, als Opa Paulsen den Balkon betrat und mich an die alte Zeit erinnerte, da auch wir mit großer Freude am Experiment den Alkohol entdeckten. In dem Internat, in dem ich eine lange Zeit meiner Jugend verbrachte, war Alkoholmissbrauch nichts außergewöhnliches, ein probates Mittel die Ungerechtigkeiten und Demütigungen zu verdrängen, die an der Tagesordnung waren. Die Tage waren eingeteilt in feste Zeitabschnitte, Frühstück um sieben, dann Schule, Mittagessen, drei Stunden Freizeit, zwei Stunden Lernzeit, Abendessen, Abendlernzeit und, jetzt kommts, noch zwei Stunden Freizeit. Wer fröhlich sein wollte hatte dazu gerade mal diese zwei Stunden Zeit. In abartiger Geschwindigkeit schossen wir uns Dosenbier in die Rübe, bald stiegen wir um auf Lambrussco. Der „Russe“ brachte dann das Heil, in Form von Wodka, das ging am schnellsten, schmeckte nach nichts und war mit so ziemlich jedem Softdrink kompatibel. Der Russe hieß eigentlich Ingo und kam aus Lüdenscheid. Sein Wodkakonsum, seine grobschlächtige Gestalt und die kurz rasierten Haare brachten ihm aber diesen Spitznamen ein. Zu Beginn der elften Klasse durften wir aus den Vierer- bzw. Sechser-Schlafsälen ausziehen und uns in kleinen Zweier-Zimmern auf das Abitur vorbereiten. Der Russe und ich wurden einander zugeteilt und ich stellte schnell fest: der Russe hatte in seinem zarten Alter bereits ein gewaltiges Alkoholproblem. Nicht ein Abend verging, an dem er nicht sturzbetrunken in unsere kleine Bude torkelte. Eines Abends, ich lag schon im Bett, öffnete sich die Türe, der Russe ging bis zur Zimmermitte und entkleidete sich murrend, der Russe war eingefleischter Nacktschläfer. Mein Bett stand genau unter dem Fenster, der Russe roch ein wenig, ich kippte das Fenster. „Muss mal auf Klo“ sprach der Russe, stiefelte über mein Bett, öffnete das Fenster und verschwand in die Nacht. Nackt, wie Gott ihn schuf. Zweites Problem: wir wohnten im dritten Stock. Ich rappelte mich panisch auf, beugte mich aus dem Fenster, starrte hinunter, da lag der Russe auf dem Rasen, zwei Meter nackter Mann, und sagte nichts mehr. Ich rannte in die Nachbarstube: „Peter schnell, der Russe ist aus dem Fenster gesprungen“. Als Peter und ich gemeinsam aus dem Fenster blickten, hatte sich der Russe schon aufgerichtete, pickte sich theatralisch Gras vom Körper und antwortete auf Nachfrage: „Nö, nix passiert“. Ich fasse mal kurz zusammen: unerlaubtes Verlassen des Hauses, plus Zerstörung von Schuleigentum und das alles in Begleitung eines betrunken, nackten Mitschülers der eben aus dem dritten Stock gefallen war. Wir würden die Sonne nie wieder sehen. Peter und ich handelten, wir mussten unseren Kameraden zurücklassen, kletterten die Regenrinne rauf und als ich gerade wieder beide Füße im Bett hatte, öffnete sich die Zimmertür, die Nachtkontrolle: „Na, Paulsen, noch am Matratzen hüpfen?“ „Jaaa, hehehe,mmm.“ „Wo ist denn der Ingo?“ „Ich glaub im Bad.“ Da hörte man schon von unten die Hausglocke. „So spät noch, na wenn das mal nicht der Ingo ist!“, sagte der Hausleiter und ging aufmachen. ... Link Donnerstag, 6. Juli 2006
Wenn Eltern irren. Die Geschichte vom T-Shirt-Verkäufer Martin Jondo, der mal eben das Reggae-Album des Jahres abgeliefert hat.
herr paulsen
11:05h
Martin Jondos Eltern waren, gelinde gesagt, entsetzt. Statt dass der Bub was macht aus seinem Leben, er soll es doch mal besser haben, verlässt der damals 24 Jährige 2002 sein Elternhaus, bricht sein Studium ab und begleitet Gentleman auf der nicht enden wollenden „Journey to Jah“-Tour. Jondo verkauft dort T-Shirts. Das ist nicht so ganz der Lebensentwurf, den sich Eltern für ihr Kind wünschen, es wird laut im Hause Jondo am Nordrand von Berlin, dann ganz still. Was Martin Jondos Eltern nicht wissen: jeden Abend holt Gentleman seinen T-Shirt-Verkäufer auf die Bühne und der Sohn einer Koreanerin und eines Deutschen singt vor überrascht-begeistertem Publikum seine Eigenkomposition „Rainbow Warrior“. Gänsehäutig bemerken jede Nacht Tausende, dass da einer steht, dessen Stimme mehr als nur an Bob Marley erinnert, rough und zart und hungrig. Als ich in der vorletzten Ausgabe der „Riddim“ diese Tellerwäschergeschichte las, machte ich mich gerührt auf die Suche nach diesem Martin Jondo und staunte. Es lohnt doch, auch mal das Kleingedruckte auf Schallplatten zu lesen, Jondo befand sich bereits in meiner Plattensammlung: Der Track „Wunderlampe“ auf „Songs of Melody“, dem grandiosen Album der Hamburger „Silly Walks“, ein Gastauftritt auf Culcha Candelas „Next Generation“ mit dem Track „Jeder Tag ist ein Comback“ sowie Beiträge zu zahlreichen Samplern. Und die Leserschaft der „Riddim“ war Anfang 2005 schon aufmerksamer als ich und kürte Jondo zum Newcomer des Jahres 2004. Vor ein paar Tagen ist Jondos Debütalbum „Echo&Smoke“ erschienen. Das Singen auf Deutsch hat Jondo dankenswerter Weise aufgegeben und unter den Reglern von Kraans de Lutin von Homeground Records entstand in Berlin nicht weniger als das beste Deutsche Roots-Reggae-Album dieses Jahres, es wird schwer, das noch zu toppen. Roots-Reggae, wohlgemerkt. Still und leise entfaltet sich dieses wunderbar ruhige Album, schwebend warme Songs, unaufgeregt, authentisch. Jondo ist mit Sicherheit das größte Reggae-Talent, das wir in Deutschland haben und bereits sein erstes Album ist meisterlich. Diese Stimme! Die viel beschriebene, stimmliche Nähe zu Bob Marley, gerät sicher nicht zum Nachteil. Wer alleine den Track „All I ever know“ einmal gehört hat, Jondo nur mit Wanderklampfe, der wird wahrscheinlich sofort süchtig. Gänsehaut auch bei der Combination „Clearly“ mit seinem alten Chef Gentleman, dessen T-Shirts jetzt andere verkaufen. Manchmal wird es stellenweise ein bisschen popig-weich, besonders die Singleauskopplung „Are you really waiting“ ist eigentlich der (einzige) klebrige Schwachpunkt eines ansonsten durchgängig großartigen Albums. Es reicht eben nicht, sich in Schönheit und Echtheit zu ergehen, man will ja auch was verkaufen, insofern möge die Single hilfreich sein, einen einzigartigen Reggae Artist zu etablieren. Liebe Familie Jondo, unbedingt mal reinhören in das Album ihres Sohnes, nicht auszudenken er hätte weiter studiert! ...................................ritsch. Links zum Thema: Martin Jondo Kraans de Lutin Gentleman Riddim Magazin Silly Walks Culcha Candela ... Link Mittwoch, 5. Juli 2006
Sport ist auch keine Lösung
herr paulsen
01:19h
Vorbei ist es also mit dem neuen deutschen, Fahnen schwenkenden, „Wir sind Wir“-Gefühl, mit der aufkeimenden Meinung wir seien sogar wieder irgendwer, irgendwie. Wir sind bestenfalls gute Gastgeber, geschlagen von einer bis ins Mark korrumpierten Mannschaft, deren Verantwortlichen zum Endspiel ein Gerichtsurteil erwarten. Mit dem Ausscheiden der Deutschen Nationalmannschaft hat es ein Ende mit dem, leider sogar vom gesamtdeutschen Feuilleton herbei geschriebenen, neuen Selbstwertgefühl. Eines hat das Feuilleton nie begriffen: dass die Fahnenschwenkerei immer nur einer gut vorbereiteten und mit allen Deutschen Tugenden ausgestatteten Mannschaft galt. Dem Deutschen Sportsfreund bleibt ein, gesichert, europäisches Finale und der Blick nach Frankreich. Dort zappeln die nicht überführten Radrennfahrer durch Bergketten und Verdachtsmomente, ein ganzer Sport zerstört von Sportärzten, Beratern und Teamleitern. Und spätestens wenn Paris erreicht ist, kehrt Ruhe ein in Deutschland, die Fahnen werden, ganz sicher, eilig vom Balkon gepflückt. Und Deutschland, wie ein berauschter Teenager, nach der ersten Disko-Nacht, verkatert, schlecht gelaunt und mit der nur langsam glimmenden Erkenntnis, dass das Leben eben nicht immer nur Disko und Pommes ist. ... Link Montag, 3. Juli 2006
Schöngeist. Jetzt am Kiosk.
herr paulsen
10:03h
Hurra! Die neunte Ausgabe von Schöngeist, dem "magazin für kunst_ leben_ denken" aus Berlin, ist erschienen. Tanz ist das Thema dieser Ausgabe und neben wirklich lesenswerten Texten und wunderbaren Fotostrecken zum Thema, findet sich im Heft auch eine Geschichte von mir. Was freu ich mich! "Der Tanz der Schlachter" heißt der Text und den gibt es nicht im Netz sondern nur in Schöngeist. ... Link Samstag, 1. Juli 2006
Plötzlich Gernhardt im Garten. Ein Abschied.
herr paulsen
09:58h
Halbfinale, bald! Die Tippgemeinschaft grillt euphorisch auf Deutsche Art, alles sofort und gleichzeitig rauf auf den Grill, Steaks schwitzen über lauwarmen, schwarzen Kohlen, mittig lodern aber Flammen und verbrennen zarte Würstchenhäute. Es raucht, es stinkt und nach einer Stunde ist die Sache gegessen. Jetzt wieder Bier und Fußball. Kabeltrommeln werden aus dem Haus geworfen, Geräte aufgebaut, alle Trainer sind auch Techniker, und schon bald schimmert matt ein Fernsehbild, lautlos auf der abendsonnigen Hauswand. Es gibt keinen Ton, die versammelten Fachleute reichen sich. Italien, Tor. Dann kurze Unterbrechung im Programm, plötzlich ruft die Liebste laut: “Paulsen!“ Ich folge ihrem ausgestreckten Arm zur Hauswand, da ist Robert Gernhardt zu sehen, ein angedeutetes Lächeln aus der Kulisse der Tagesthemen, unten steht: Robert Gernhardt ist tot. Kein Ton, auch im Garten ist es plötzlich still, alle sehen mich an, doch auch ich: sprachlos. „Wer ist denn Robert Gernhardt?“, fragt jemand, dann geht es glücklicherweise weiter im Programm und ich muss mich erstmal setzen. Robert Gernhardt ist für mich einer der größten Deutschen Lyriker, ach was schreib ich denn, er ist für mich der größte Deutsche Lyriker. Ein scharfer Geist, ein sensibler Denker, ein komischer Poet. Er betrachtete die Welt immer menschenfreundlich, mit großer Komik, nie polemisch, nie verletzend, immer kritisch. „Wir können Goethes, Schillers, Klopstocks Hinscheiden durchaus verschmerzen, solange nur Robert Gernhardt uns nicht genommen wird“, schrieb Hubert Spiegel mal in der FAZ. Jetzt war es soweit. Gernhardt starb im Alter von 68 Jahren nach langer, schwerer Krankheit am Freitagmorgen in Frankfurt am Main. Einmal nur habe ich Gernhardt erlebt, in irgendeiner Kirche in Hamburg, Jan Philip Reemtsma hielt einen Vortrag über das Gottesbild in der Gernhardtschen Dichtung und ich verstand kein Wort. Dann kam Gernhardt, zwei Stunden brillante Unterhaltung, rechts hinter mir saß Harry Rowohlt und lachte dröhnend immer am lautesten. Und so wurde an diesem Abend immer zweimal gelacht, einmal über Gernhardts komische Dichtung und dann, Sekunden später, noch einmal mit Harry Rowohlt. Im Garten wird Gottlob jetzt Schnaps ausgeschenkt, reihum wird „Dein schönstes WM-Erlebnis“ abgefragt, mich lässt man grübeln, man kennt mich, das ist schön, ein Freundschaftsbeweis. Überhaupt scheint mir die WM bestens geeignet, sich zurück zu ziehen, zu verschwinden hinter den Lautstarken, ganz leise, Zeit zum Denken. Nächstes Jahr sollen neue, letzte Erzählungen von Gernhardt erscheinen, Arbeitstitel: „Denken wir uns“. Spätestens dann wird er uns richtig fehlen. ... Link Donnerstag, 29. Juni 2006
Schwerwiegende Beschwerden aus meinem Bücherregal
herr paulsen
09:34h
Don wirft ein Stöckchen und möchte wissen, ob sich Bücher in meinem Besitz finden, die kaum bis nie gelesen in der Ecke vor sich hinstauben. Trotz Umzugs-Entrümpelung meiner Bücherregale vor ein paar Monaten, fanden sich doch noch einige Bücher, die vom Scheitern der Beziehung zwischen Leser und Autor erzählen: Arno Geiger - Es geht uns gut Axel Hacke - Das beste aus meinem Leben Florian Illies – Anleitung zum Unschuldigsein Freche Weihnachtsbengel – diverse Autorinnen Spanisch für Urlaub und Alltag ... Link ... Nächste Seite
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