Dem Herrn Paulsen sein Kiosk
Samstag, 8. Juli 2006
Glückwunsch:der mairisch Verlag erhält Verlagsprämie der Hamburger Kulturbehörde.


Sonnenbeschienen:Die Mairischs

Kinners was freu ich mich! Mit dem Hamburger mairisch Verlag verbindet uns eine lange Freundschaft, hier erschien die erste Kaffee.Satz.Lesen-Anthologie und auch der zweite Band wird im Herbst bei mairisch erscheinen. Der mairisch Verlag verlegt, ebenso unbürokratisch wie erfolgreich, junge Hamburger Autoren und gemeinsam mit Minimal Trash Art veranstalten sie die brillante Lesereihe "Transit". Hier sind Menschen mit Herzblut und Engagement an der Arbeit und als mich eben per Mail diese frohe Nachricht erreichte, da hab ich mich sehr gefreut, denn es erwischt genau die Richtigen:

Mit den Prämien in Höhe von je 10.000 Euro zeichnet die Kulturbehörde besonders ambitionierte Programme von Hamburger Verlagen aus. In diesem Jahr geht eine Prämie an den marebuchverlag, die andere teilen sich der mairisch Verlag und MinimalTrashArt.

Aus der Pressemeldung der Kulturbehörde:

"Die beiden engagierten Hamburger Verlage mairisch Verlag und Minimal Trash Art sind in den letzten Jahren zu Zentren für Hamburgs umtriebiges junges literarisches Leben geworden. Gemeinsam veranstalten sie die monatliche Lesereihe "Transit„, zudem verbindet die Verlage ein ebenso offenes wie vielseitiges Publikationskonzept. Bei mairisch sind neben Büchern auch mehrere Hörspiele erschienen. Minimal Trash Art hat unter anderem viel versprechende Debüts junger Hamburger Autoren vorgelegt. Mit der Auszeichnung für die beiden Verlage will die Jury bewusst ein ermunterndes Zeichen für die höchst vitale junge Literaturszene Hamburgs setzen."

Die Preisverleihung durch Kultursenatorin Karin von Welck findet am 15.8.2006 um 19 Uhr Literaturhaus Hamburg statt. Ob Frau von Welck allerdings tatsächlich erscheint, ist fraglich. Niemals besuchte unsere sympathische Kultursenatorin eine Veranstaltung des mairisch Verlages, auch bei Kaffee.Satz.Lesen wurde sie noch nicht gesehen und bei der letzten Verleihung des Hamburger Literatur-Förderpreises ließ sie sich vertreten.

Macht aber nix, liebe Frau von Welck, solang Sie Ihr Geld für so fördernswürdige Projekte ausgeben, geht das sehr in Ordnung!

... Link


Opa Paulsen erzählt: Ein russischer Abgang

Als gestern Abend die Nachbarsbuben wieder mal besoffen aus dem WG-Fenster speichelten, da wollte ich mich gerade empören, als Opa Paulsen den Balkon betrat und mich an die alte Zeit erinnerte, da auch wir mit großer Freude am Experiment den Alkohol entdeckten.

In dem Internat, in dem ich eine lange Zeit meiner Jugend verbrachte, war Alkoholmissbrauch nichts außergewöhnliches, ein probates Mittel die Ungerechtigkeiten und Demütigungen zu verdrängen, die an der Tagesordnung waren. Die Tage waren eingeteilt in feste Zeitabschnitte, Frühstück um sieben, dann Schule, Mittagessen, drei Stunden Freizeit, zwei Stunden Lernzeit, Abendessen, Abendlernzeit und, jetzt kommts, noch zwei Stunden Freizeit. Wer fröhlich sein wollte hatte dazu gerade mal diese zwei Stunden Zeit. In abartiger Geschwindigkeit schossen wir uns Dosenbier in die Rübe, bald stiegen wir um auf Lambrussco. Der „Russe“ brachte dann das Heil, in Form von Wodka, das ging am schnellsten, schmeckte nach nichts und war mit so ziemlich jedem Softdrink kompatibel.

Der Russe hieß eigentlich Ingo und kam aus Lüdenscheid. Sein Wodkakonsum, seine grobschlächtige Gestalt und die kurz rasierten Haare brachten ihm aber diesen Spitznamen ein. Zu Beginn der elften Klasse durften wir aus den Vierer- bzw. Sechser-Schlafsälen ausziehen und uns in kleinen Zweier-Zimmern auf das Abitur vorbereiten. Der Russe und ich wurden einander zugeteilt und ich stellte schnell fest: der Russe hatte in seinem zarten Alter bereits ein gewaltiges Alkoholproblem. Nicht ein Abend verging, an dem er nicht sturzbetrunken in unsere kleine Bude torkelte.

Eines Abends, ich lag schon im Bett, öffnete sich die Türe, der Russe ging bis zur Zimmermitte und entkleidete sich murrend, der Russe war eingefleischter Nacktschläfer. Mein Bett stand genau unter dem Fenster, der Russe roch ein wenig, ich kippte das Fenster. „Muss mal auf Klo“ sprach der Russe, stiefelte über mein Bett, öffnete das Fenster und verschwand in die Nacht. Nackt, wie Gott ihn schuf. Zweites Problem: wir wohnten im dritten Stock.

Ich rappelte mich panisch auf, beugte mich aus dem Fenster, starrte hinunter, da lag der Russe auf dem Rasen, zwei Meter nackter Mann, und sagte nichts mehr. Ich rannte in die Nachbarstube: „Peter schnell, der Russe ist aus dem Fenster gesprungen“. Als Peter und ich gemeinsam aus dem Fenster blickten, hatte sich der Russe schon aufgerichtete, pickte sich theatralisch Gras vom Körper und antwortete auf Nachfrage: „Nö, nix passiert“.
Jetzt musste es schnell gehen, wir hatten zwanzig Minuten, den Russen wieder unbemerkt ins Haus zu bekommen, dann würde die Nachtkontrolle durch die Zimmer gehen.
Als „Lebenslängliche“ hatten wir damals kein Problem vom dritten Stock in die Freiheit und danach auch wieder zurück zu klettern, jedes Wochenende machten wir mindestens eine Nacht diese Übung. „Komm wieder rauf!“ riefen wir leise, „du weißt wie es geht!“ Beim Russen ging gar nichts. Geschwächt von Wodka und Fenstersturz hing er wie ein Faultier an der Regenrinne im ersten Stock. Die Rettungsaktion begann. Peter und ich zogen festes Schuhwerk an, hangelten uns die Regenrinne hinunter, klopften den Russen ab, Peter machte die Feuerleiter, ich schob den Russen an seinem haarigen Arsch Richtung erster Stock. Dort waren die Schlafsäle der Fünftklässler, sie würden uns öffnen und schweigen.
Er war einfach zu schwer, der Russe, und er arbeitete überhaupt nicht mit! Wir beschlossen vom nahe gelegenen Fußballplatz ein Alu-Tor als Steighilfe zu besorgen, stellten es unter das Fenster, der Russe hangelte sich am Netz empor, die Maschen rissen und der Russe stürzte ein zweites Mal ab.

Ich fasse mal kurz zusammen: unerlaubtes Verlassen des Hauses, plus Zerstörung von Schuleigentum und das alles in Begleitung eines betrunken, nackten Mitschülers der eben aus dem dritten Stock gefallen war. Wir würden die Sonne nie wieder sehen. Peter und ich handelten, wir mussten unseren Kameraden zurücklassen, kletterten die Regenrinne rauf und als ich gerade wieder beide Füße im Bett hatte, öffnete sich die Zimmertür, die Nachtkontrolle: „Na, Paulsen, noch am Matratzen hüpfen?“ „Jaaa, hehehe,mmm.“ „Wo ist denn der Ingo?“ „Ich glaub im Bad.“

Da hörte man schon von unten die Hausglocke. „So spät noch, na wenn das mal nicht der Ingo ist!“, sagte der Hausleiter und ging aufmachen.

... Link


Donnerstag, 6. Juli 2006
Wenn Eltern irren. Die Geschichte vom T-Shirt-Verkäufer Martin Jondo, der mal eben das Reggae-Album des Jahres abgeliefert hat.

Martin Jondos Eltern waren, gelinde gesagt, entsetzt. Statt dass der Bub was macht aus seinem Leben, er soll es doch mal besser haben, verlässt der damals 24 Jährige 2002 sein Elternhaus, bricht sein Studium ab und begleitet Gentleman auf der nicht enden wollenden „Journey to Jah“-Tour. Jondo verkauft dort T-Shirts. Das ist nicht so ganz der Lebensentwurf, den sich Eltern für ihr Kind wünschen, es wird laut im Hause Jondo am Nordrand von Berlin, dann ganz still. Was Martin Jondos Eltern nicht wissen: jeden Abend holt Gentleman seinen T-Shirt-Verkäufer auf die Bühne und der Sohn einer Koreanerin und eines Deutschen singt vor überrascht-begeistertem Publikum seine Eigenkomposition „Rainbow Warrior“. Gänsehäutig bemerken jede Nacht Tausende, dass da einer steht, dessen Stimme mehr als nur an Bob Marley erinnert, rough und zart und hungrig.

Als ich in der vorletzten Ausgabe der „Riddim“ diese Tellerwäschergeschichte las, machte ich mich gerührt auf die Suche nach diesem Martin Jondo und staunte. Es lohnt doch, auch mal das Kleingedruckte auf Schallplatten zu lesen, Jondo befand sich bereits in meiner Plattensammlung: Der Track „Wunderlampe“ auf „Songs of Melody“, dem grandiosen Album der Hamburger „Silly Walks“, ein Gastauftritt auf Culcha Candelas „Next Generation“ mit dem Track „Jeder Tag ist ein Comback“ sowie Beiträge zu zahlreichen Samplern. Und die Leserschaft der „Riddim“ war Anfang 2005 schon aufmerksamer als ich und kürte Jondo zum Newcomer des Jahres 2004.

Vor ein paar Tagen ist Jondos Debütalbum „Echo&Smoke“ erschienen.

Das Singen auf Deutsch hat Jondo dankenswerter Weise aufgegeben und unter den Reglern von Kraans de Lutin von Homeground Records entstand in Berlin nicht weniger als das beste Deutsche Roots-Reggae-Album dieses Jahres, es wird schwer, das noch zu toppen. Roots-Reggae, wohlgemerkt. Still und leise entfaltet sich dieses wunderbar ruhige Album, schwebend warme Songs, unaufgeregt, authentisch. Jondo ist mit Sicherheit das größte Reggae-Talent, das wir in Deutschland haben und bereits sein erstes Album ist meisterlich. Diese Stimme! Die viel beschriebene, stimmliche Nähe zu Bob Marley, gerät sicher nicht zum Nachteil. Wer alleine den Track „All I ever know“ einmal gehört hat, Jondo nur mit Wanderklampfe, der wird wahrscheinlich sofort süchtig. Gänsehaut auch bei der Combination „Clearly“ mit seinem alten Chef Gentleman, dessen T-Shirts jetzt andere verkaufen. Manchmal wird es stellenweise ein bisschen popig-weich, besonders die Singleauskopplung „Are you really waiting“ ist eigentlich der (einzige) klebrige Schwachpunkt eines ansonsten durchgängig großartigen Albums. Es reicht eben nicht, sich in Schönheit und Echtheit zu ergehen, man will ja auch was verkaufen, insofern möge die Single hilfreich sein, einen einzigartigen Reggae Artist zu etablieren. Liebe Familie Jondo, unbedingt mal reinhören in das Album ihres Sohnes, nicht auszudenken er hätte weiter studiert!

...................................ritsch.

Links zum Thema:

Martin Jondo
http://www.martinjondo.com/

Kraans de Lutin
http://www.kraans.de/

Gentleman
http://www.journeytojah.com/

Riddim Magazin
http://www.riddim.de/

Silly Walks
http://www.sillywalks.de/

Culcha Candela
http://www.culchacandela.de/

... Link


Mittwoch, 5. Juli 2006
Sport ist auch keine Lösung

Vorbei ist es also mit dem neuen deutschen, Fahnen schwenkenden, „Wir sind Wir“-Gefühl, mit der aufkeimenden Meinung wir seien sogar wieder irgendwer, irgendwie. Wir sind bestenfalls gute Gastgeber, geschlagen von einer bis ins Mark korrumpierten Mannschaft, deren Verantwortlichen zum Endspiel ein Gerichtsurteil erwarten. Mit dem Ausscheiden der Deutschen Nationalmannschaft hat es ein Ende mit dem, leider sogar vom gesamtdeutschen Feuilleton herbei geschriebenen, neuen Selbstwertgefühl. Eines hat das Feuilleton nie begriffen: dass die Fahnenschwenkerei immer nur einer gut vorbereiteten und mit allen Deutschen Tugenden ausgestatteten Mannschaft galt. Dem Deutschen Sportsfreund bleibt ein, gesichert, europäisches Finale und der Blick nach Frankreich. Dort zappeln die nicht überführten Radrennfahrer durch Bergketten und Verdachtsmomente, ein ganzer Sport zerstört von Sportärzten, Beratern und Teamleitern. Und spätestens wenn Paris erreicht ist, kehrt Ruhe ein in Deutschland, die Fahnen werden, ganz sicher, eilig vom Balkon gepflückt. Und Deutschland, wie ein berauschter Teenager, nach der ersten Disko-Nacht, verkatert, schlecht gelaunt und mit der nur langsam glimmenden Erkenntnis, dass das Leben eben nicht immer nur Disko und Pommes ist.

... Link


Montag, 3. Juli 2006
Schöngeist. Jetzt am Kiosk.

Hurra! Die neunte Ausgabe von Schöngeist, dem "magazin für kunst_ leben_ denken" aus Berlin, ist erschienen. Tanz ist das Thema dieser Ausgabe und neben wirklich lesenswerten Texten und wunderbaren Fotostrecken zum Thema, findet sich im Heft auch eine Geschichte von mir. Was freu ich mich! "Der Tanz der Schlachter" heißt der Text und den gibt es nicht im Netz sondern nur in Schöngeist.

Beschrieben wir ein Ausflug in die fremde Welt eines Deutschen Schrebergartens und ein Clash of Culture zwischen teutonischen Gartenzwergen und kretischem Grillrost. Wer erfahren will, warum die Deutschen am Grill zum Scheitern verurteilt sind und warum Platzwart Karl Böhme und Gattin Gudrun ausgerechnet an ihrem zweiunddreißigstem Hochzeitstag mit Tellern beworfen werden, der eile zum gut sortierten Kiosk seines Vertrauens oder zur nächsten Bahnhofsbuchhandlung. Wer bei der Hitze überhaupt nicht vor die Tür geht, kann das Heft auch im Internet bestellen:
http://www.apodion.de/zeitung.htm

... Link


Samstag, 1. Juli 2006
Plötzlich Gernhardt im Garten. Ein Abschied.

Halbfinale, bald! Die Tippgemeinschaft grillt euphorisch auf Deutsche Art, alles sofort und gleichzeitig rauf auf den Grill, Steaks schwitzen über lauwarmen, schwarzen Kohlen, mittig lodern aber Flammen und verbrennen zarte Würstchenhäute. Es raucht, es stinkt und nach einer Stunde ist die Sache gegessen. Jetzt wieder Bier und Fußball.
Es erhebt sich der Gastgeber, blickt streng ins zwanzigköpfige Rund und fragt: „Wer hat bei dieser WM die meisten Duelle gewonnen?“ Namen fliegen über Kartoffelsalatvariationen, „jaja, genau!“, noch mehr Fragen werden kennerisch von den versammelten Bundestrainern beantwortet und diskutiert, meister Ballkontakt, beste Torchancen, die Hitliste der zehn hellsten Lichtgestalten des internationalen Fußballs. Ich schweige, ich bin Letzter der Tippgemeinschaftsliste, diesen Umstand muss ich nicht auch noch verbal festigen. Ich nehme noch mal Krautsalat mit Ingwer, eine Sensation, die Überraschung des Abends im kleinen Garten, „ist von Tim Mälzer!“, erklärt die Gastgeberin das Unerwartete.

Kabeltrommeln werden aus dem Haus geworfen, Geräte aufgebaut, alle Trainer sind auch Techniker, und schon bald schimmert matt ein Fernsehbild, lautlos auf der abendsonnigen Hauswand. Es gibt keinen Ton, die versammelten Fachleute reichen sich. Italien, Tor. Dann kurze Unterbrechung im Programm, plötzlich ruft die Liebste laut: “Paulsen!“ Ich folge ihrem ausgestreckten Arm zur Hauswand, da ist Robert Gernhardt zu sehen, ein angedeutetes Lächeln aus der Kulisse der Tagesthemen, unten steht: Robert Gernhardt ist tot. Kein Ton, auch im Garten ist es plötzlich still, alle sehen mich an, doch auch ich: sprachlos. „Wer ist denn Robert Gernhardt?“, fragt jemand, dann geht es glücklicherweise weiter im Programm und ich muss mich erstmal setzen.

Robert Gernhardt ist für mich einer der größten Deutschen Lyriker, ach was schreib ich denn, er ist für mich der größte Deutsche Lyriker. Ein scharfer Geist, ein sensibler Denker, ein komischer Poet. Er betrachtete die Welt immer menschenfreundlich, mit großer Komik, nie polemisch, nie verletzend, immer kritisch. „Wir können Goethes, Schillers, Klopstocks Hinscheiden durchaus verschmerzen, solange nur Robert Gernhardt uns nicht genommen wird“, schrieb Hubert Spiegel mal in der FAZ. Jetzt war es soweit. Gernhardt starb im Alter von 68 Jahren nach langer, schwerer Krankheit am Freitagmorgen in Frankfurt am Main.

Einmal nur habe ich Gernhardt erlebt, in irgendeiner Kirche in Hamburg, Jan Philip Reemtsma hielt einen Vortrag über das Gottesbild in der Gernhardtschen Dichtung und ich verstand kein Wort. Dann kam Gernhardt, zwei Stunden brillante Unterhaltung, rechts hinter mir saß Harry Rowohlt und lachte dröhnend immer am lautesten. Und so wurde an diesem Abend immer zweimal gelacht, einmal über Gernhardts komische Dichtung und dann, Sekunden später, noch einmal mit Harry Rowohlt.

Im Garten wird Gottlob jetzt Schnaps ausgeschenkt, reihum wird „Dein schönstes WM-Erlebnis“ abgefragt, mich lässt man grübeln, man kennt mich, das ist schön, ein Freundschaftsbeweis. Überhaupt scheint mir die WM bestens geeignet, sich zurück zu ziehen, zu verschwinden hinter den Lautstarken, ganz leise, Zeit zum Denken.

Nächstes Jahr sollen neue, letzte Erzählungen von Gernhardt erscheinen, Arbeitstitel: „Denken wir uns“. Spätestens dann wird er uns richtig fehlen.

... Link


Donnerstag, 29. Juni 2006
Schwerwiegende Beschwerden aus meinem Bücherregal

Don wirft ein Stöckchen und möchte wissen, ob sich Bücher in meinem Besitz finden, die kaum bis nie gelesen in der Ecke vor sich hinstauben. Trotz Umzugs-Entrümpelung meiner Bücherregale vor ein paar Monaten, fanden sich doch noch einige Bücher, die vom Scheitern der Beziehung zwischen Leser und Autor erzählen:

Arno Geiger - Es geht uns gut
(S.21)
Hab ich jetzt fünfmal angefangen. Ich entschlummere immer so ab Seite 21. Ich habe tatsächlich in größeren Abständen fünfmal den Anfang von „Es geht uns gut“ gelesen. Weiter schaffe ich es nicht. Die Dichte der Sprache, das Set, die Protagonisten, alles zieht mich in den Schlaf. Aber: Deutscher Buchpreis! Was mach ich falsch? Und: lohnt Kaffee?

Axel Hacke - Das beste aus meinem Leben
(S.56)
Was habe ich mit dem Leben von Axel Hacke zu tun? Das ist so derartig uninteressant, süßlich-semikomisch geschrieben, simpelste, schulterklopfende Alltagspolemik mit Augenzwinkereffekt, die einfach nur Leben beschreibt ohne etwas zu erzählen. Ist ja ein riesen Hype, soll wohl jetzt auch verfilmt werden. Ich glaube Axel Hacke ist der Max Goldt für Spießer. Das Buch hat mir meine Mutter geschenkt, mit den Worten: „der schreibt so goldig“ Mutter hat recht.

Florian Illies – Anleitung zum Unschuldigsein
(kreuz und quer, dann weg.)
Florian Illies hat sich irgendwann mal überlegt, das es so etwas wie kollektive Momente des schlechten Gewissens geben müsse. Darüber hat er dann schnell ein Buch geschrieben. Das ist schade, denn er irrt, es gibt kein kollektives schlechtes Gewissen. Das schlechte Gewissen ist so unterschiedlich wie die Menschen die es drückt. Ich zum Beispiel habe kein Problem Tramper im Regen stehen zu lassen, ich hänge an meinem Leben und möchte im Auto lieber Musik hören statt Tramper. Auch besuche ich reinen Gewissens Restaurants, sogar ausländische und die Schamesröte will mir nicht ins Gesicht steigen, wenn sich chinesische Kellnerinnen vor mir verbeugen. Müll trenne ich nie, das gibt der Gemeinschaftseimer im Hof einfach nicht her. Rosenverkäufern schmettere ich immer ein herzliches: “Nein danke, wir streiten gerade“ entgegen, nie habe ich eine Rose gekauft und doch schon oft die Liebe gekostet. Ich ernähre mich auch ständig falsch, dabei frage ich nie mein Gewissen, sondern stets meinen Geschmack, ob es denn recht ist. Ein Lebenshilfebüchlein für chronisch verhuschte Menschen ohne Selbstwertgefühl, die sich mit hochroten Köpfen von Gewissensbiss zu Gewissensbiss hangeln.

Freche Weihnachtsbengel – diverse Autorinnen
(S.0)
„Mit Punschtrinken und leckeren Plätzchensünden vertreiben wir uns die Adventszeit und zählen die vierundzwanzig Türchen, bis wir uns endlich ins kleine Schwarze werfen und den feschen Weihnachtsmann begrüßen. Da ist zum Beispiel der attraktive Sportstudent Jens, der als Weihnachtsmann seine Kasse aufbessert und bei seinem ersten Besuch gleich in den Armen von Laura versinkt, oder Stefan, der seine Barbara mit einem ganz besonderen Geschenk überrascht. Erfolgsautorinnen erzählen von frechen Weihnachtsbengeln, die uns das Fest der Liebe versüßen.“
Das habe ich zu Weihnachten von meiner Großtante bekommen. Warum soviel Hass?

Spanisch für Urlaub und Alltag
(S.0)
Jetzt aber! Und dann noch mal Arno Geiger mit Espresso.

... Link