Dem Herrn Paulsen sein Kiosk |
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Sonntag, 29. Juli 2007
Mixed Pickles #8: Herr Baumann im Kasten, das kürzeste Interview der Welt, Tiefkühlpizza und das neue Manu Chao-Album
herr paulsen
14:19h
Herr Baumann im Kasten
Das Österreichische Fernsehen ist bekannt für sein oft unkonventionelles Sendungsbewusstsein, erinnert sei an „SoN“ oder die von mir kultisch verehrte „Phettbergs nett Leit Show“ (Frucade oder Eierlikör?). Jetzt hat sich der ORF dieser schönen Tradition erinnert und „Willkommen Österreich“ wiederbelebt. Nur der Name gemahnt noch an die volkstümliche Boulevardsendung von einst. Die Moderatoren, das Satirikerduo Stermann&Grissemann, thematisieren in jede Sendung eine Phobie, laden dazu Gäste ein und reden und reden und reden. Oder schweigen. Kochen Quallen. Machen Probeliegen in Särgen. Und reden. Und schweigen. Dazu orgelt Philip Quehenberger düstere Keyboard-Kaskaden. Ein Format das fordert, sich den üblichen Regeln der Unterhaltung verweigert, sein Humor entfaltet sich nur sehr Hintergründig. Vielleicht ist es auch hilfreich Österreicher zu sein. Dankenswerter Weise lassen sich alle Folgen auch im Internet ansehen und ich möchte auf eine Perle der Sendereihe hinweisen: Herr Baumann. Herr Baumann lebt seit 22 Jahren in einem, mit Alufolie ausgekleidetem Wohnzimmerschrank, der im Studio steht und in jeder Sendung einmal geöffnet wird. Dann erzählt der Berufs-Phobiker Frank Baumann von seinem Leben im Schrank („Habe Sie eigentlich Luft wenn ich die Tür wieder zumach?“ - „Ja in der Lunge.“), präsentiert Globuli mit Makrelengeschmack („Da sind ja Gräten drin!“) oder selbst gebastelte Maschinen wie den Gameboy mit Internetzugang oder den Oma-Nuss-Konverter („Geb mir eine Nusch!“). Grandios, zumindest ich hab Tränen gelacht. Die Baumann-Auftritte sind nicht leicht zu finden, hilfreich sind die kleinen Vorschaukästchen unter dem Videobild. Und irgendwie erinnert mich Herr Baumann an jemanden, den ich kenne. Ich komm noch drauf. Die Sendung online: http://www.willkommen-tv.at/ … Das kürzeste Interview der Welt Apropos ORF. Einmal wäre ich fast im Österreichischen Fernsehen gewesen. Mit dem kürzesten Interview der Welt. Auf den Wiener Literaturtagen führten Tex Rubinowitz und ich 2003 in der Kunsthalle ein „orchestrales Kochen“ auf: die Autoren Michael Lentz, Albert Ostermaier und Ginka Steinwachs kochten auf der Bühne eine Gericht, die entstehenden Geräusche wurden von zahlreichen Mikrophonen aufgenommen, verfremdet und in brüllender Lautstärke über riesige Boxen abgespielt. Alleine die 22 Toaster unterschiedlicher Hersteller waren lauter als jedes Rammstein-Konzert. Dann das Interview mit dem ORF-Kulturjournal, das ich hier erstmals in voller Länge wiedergebe: Reporter: „Herr Paulsen, sie haben ein Werk verfasst, mit dem Namen „Das Auge isst mit.“ … Kleiner Küchentipp: so wird Tiefkühlpizza noch knuspriger! Apropos Kochen. Ulrich Fichtner geht in seiner wöchentlichen Spiegel-Kolumne „Fichtners Tellergericht“ diesmal der Frage nach, wieviel man über Essen und Trinken wirklich wissen muss und beleuchtet „kulinarische Super-Kenner und Mikrowellen-Dumpfheimer“. Für „Mikrowellen-Dumpfheimer" die im Besitz eines Backofens sind, habe ich einen super Kochtipp, den mir der Zufall neulich in den Ofen schmuggelte: Tiefkühlpizza wird viel knuspriger und geht schöner auf, wenn man die Pizza vor dem Backen auftauen lässt. Achtung, verkürzte Backzeit. Ergebnis: absolut verblüffend. … Das neue Manu Chao-Album und die Hamburger Morgenpost Was habe ich auf dieses Album gewartet! Sechs Jahre, genau gesagt. „La Radiolina“ erscheint am 31. August und einen Vorgeschmack darauf gibt es auf der Homepage von Manu Chao: http://www.manuchao.net/ Unter „La Radiolina“ öffnet sich ein Player mit einigen Songs aus dem neuen Album. Klingt grandios, vielschichtiger und voluminöser als die Vorgänger, stark orientalische Einflüsse, bisschen Cuba, aber auch der typisch rumpelige-reduzierte Manu Chao-Sound. Die offizielle Singelauskopplung „Rainin in Paradize“ dagegen klingt sehr gefällig, pop-rockig, aber das ist ja vielleicht auch die undankbare Aufgabe von Singleauskopplungen. Gelungen ist aber das dazugehörige Video von Emir Kusturica (!) , das im März in Argentinien gedreht wurde: An dieser Stelle noch mein herzlicher Dank an die Hamburger Morgenpost, die am Mittwoch, den 25. Juli. 2007 behauptete, das Album sei bereits erschienen. Und wer läuft daraufhin durch vier Plattenläden, macht sich zum Affen und muss dann letztendlich im Geiz ist geil-Kaufhaus erfahren, dass es noch ein paar Wochen dauert? Genau! Nee, toll danke. Trotzdem, Vorfreude ist eben doch die schönste Freude. ... Link Dienstag, 10. Juli 2007
Herr Paulsen geht aus: Summerjam 2007, Köln, Fühlinger See
herr paulsen
10:30h
Donnerstag. Die Freiwilligen Helfer haben viel zu tun. Aus signalroten Westen winken Arme, zeigen den Weg durch ein Stoppelfeld in dem sich große Seen gebildet haben, überall festgefahrene Kleinwagen, der Matsch spritzt, Räder drehen sinnlose Runden. Die grauen Wolken haben es leichter, rasen über die Lichtung, über den Wald, hinüber zum Festgelände am See, unsere Heimat für die nächsten Tage. Sir Peter und ich steigen aus dem Wagen, tauschen schöne Schuhe gegen festes Schuhwerk, das traditionelle Eröffnungsbier heben wir nur zögerlich in die feuchtkalte Luft. Vier Stunden sind wir gefahren, durch Regenwände mit hohnlachenden Sonnenlöchern, wir sind da, Summerjam 2007, arschkalt, regennass, warum tun wir uns das an? Es ist meine Schuld, es gibt in meinem Leben jedes Jahr drei Tage an denen ich der bin, der ich gerne immer wäre. Aufgeräumt, entspannt und glücklich. Seit ich vor ein paar Jahren diesen sensationellen mentalen Wandlungs-Effekt an mir entdeckte, muss ich zwanghaft hier hin, zu Europas größtem Reggaefestival, in Köln, am Fühlinger See. Und ganz hinten, hinter dem Wald und dann ganz am Ende des rechten Uferlaufs, da ist „meine“ Camping Area, da lassen es die Leute etwas ruhiger angehen, da läuft das Festivalgelände langsam aus, die Musik wird leiser und man kann dem See beim rumschwappen zuhören. Da müssen wir jetzt hin, mit den ersten zwei Tonnen Gepäck, die Sir Peter und ich uns auf die schmalen Schultern laden. Drei Kilometer hin. Drei Kilometer zurück. Nächste Ladung. Drei Kilometer hin. 9 km Fußmarsch, nur damit der Herr Paulsen mal ein bisschen runter kommt. Freitag. Den Auftakt zum Summerjam 2007 macht pünktlich um 15:00 Uhr der sächsische Reggae-Ambassador Ronny Trettmann, das tut schon weh, das ist auch nicht lustig, die einfallslosen Kompositionen, die näselnden Lyriks, schlecht gerappt, schlecht gereimt. Ich muss dann mal los.
Jagga Bites Combo toben über die kleinere Nebenbühne und es geht mir das Herz auf, ich bin angekommen. Die neun Baden Württemberger sind großartige Musiker, die musikalische Bandbreite ist bemerkenswert, schöne Entdeckung: http://myspace.com/jaggabitescombo Uwe Banton folgt.
Ich verehre Uwe Banton. Schon seit 1984 gehört er zu den besten Reggae-Sängern Deutschlands und ist heute für mich einer der schönsten Stimmen, wenn es um Roots-Reggae geht. Ein grandioser Auftritt mit einer sensationellen Band. Durch seine Mitwirkung an der „Zion“-Tour der „Söhne Mannheims“ wurde er einem größeren Publikum bekannt, aber noch heute gilt es, das Solo-Werk diese brillanten Sängers zu entdecken, es wird wirklich Zeit: http://www.uwebanton.com/ Eine bleierne Müdigkeit überfällt Sir Peter und mich, bereits seit den frühen Morgenstunden trinken wir nicht nur Kaffee, es ist Zeit für den traditionellen Summerjam Mittagsschlummer am Seeufer. Wie in jedem Jahr wird dieser auf dem „Artisten-Rasen“ zelebriert, dort kann man Menschen beim Jonglieren und Einradfahren zuschauen und langsam wegdämmern. Leider entdecke ich noch eine Frau, die an zwei langen Kordeln kleine, mit Sand gefüllte und mit Federn geschmückte Säckchen durch die Luft wirbelt. Anmutig sieht das aus und ich will auch mal. Ich darf auch mal und haue mir die Säckchen mit Schmackes erst um die Ohren und dann an den Kopf. So Mittagsschlaf jetzt. Sir Peter und ich erfrischen uns kurz an den vorbeiziehenden Bierständen und kommen gerade noch rechtzeitig zur Eröffnung der Dancehall-Hölle mit T.O.K. Das ist die ganz harte Nummer, Zuschlag-Bass und Reinhau-Lyrik auf Techno-Niveau, die sensationell tiefen Grabesstimmen künden von der Schönheit weiblicher Geschlechtsteile, gerne „unerum“ wie die Hessen sagen. Nach einem T.O.K.-Konzert fühlt man sich ein bisschen als sei man mit kleinen, sandgefüllten und federgeschmückten Säckchen verprügelt worden. Ein riesen Spaß: http://www.tokworld.com/ Eiskalt bricht die Nacht herein, gleich wird uns warm mit Gentleman.
http://www.fourmusic.com/fourmusic/artists/gentleman/index.php Weil wir Gentleman sowieso schon auswendig können und die neue Single uns zu poppig ist, entscheiden wir, uns einem gigantischen Fressfilm hinzugeben, atmen Fischbrötchen ein und süße Pfannkuchen, lungern noch ein bisschen vor dem Dancehall-Zelt herum, belästigen attraktive Festivalbesucherinnen und reden übers Leben. Zeitig in die Haifischflosse gepellt und die Träume kommen noch vor der Platzangst. Samstag. Da war ganz kurz ein Sonnenstrahl, ehrlich, ich habs genau gesehen. Und weil sonst niemand hinsieht, ziehe ich mich splitterfasernackt aus und hüpfe in den glasklaren See. Kilometerweit schwimme ich an der Zeltstadt entlang, genieße den Morgen im stillen Wasser. War nur Spaß. Ich schwimme 25 Sekunden, mir schrumpelt alles weg und ich fliehe zurück in die Flosse. Große Herausforderung: liegend anziehen in einem Bratschlauch. Dann schwingt der Milchschaumschläger, lustige Zigaretten werden gebaut und Bierdosen aufgerissen. Frühstück, die wichtigste Mahlzeit des Tages! Und dann geht tatsächlich die Sonne auf: Tina und Christin treten aus dem gegenüberliegenden Zelt. Zwei Frauen die aus einem Zelt treten, als hätten sie im Grand Hotel übernachtet. Verblüffend! Wir beschließen unser Pflegeprogramm zu optimieren. Morgen. Oder so. Thomas kommt hinzu und Pierre und die Eckdaten des Lebens werden abgefragt und dann über Reggae gesprochen. Reggae macht nämlich einsam. Wir haben alle Redebedarf. Es stellt sich heraus: feine Menschen haben wir da als Nachbarn, das ist eine große Freude denn, wer einmal auf einem Festival war weiß: die Nachbarschaft entscheidet sehr stark mit, wie angenehm das Festival wird. Vor die Musik hat nicht nur Jah die Nachbarn gesetzt. 12:30 Uhr. Sebastian Sturm. Sichtlich bewegt kündet der Veranstalter die „Zukunft des Deutschen Reggae“ an und da übertreibt er kein bisschen. Über Sebastian Sturms Musik habe ich hier geschrieben, live ist Sturm ein Ereignis. Bei dem eigentlich nichts passiert. Ein charismatischer Sänger, eine Band (eine sehr gute, die Jin Jin Band), modernen Roots-Reggae und intelligente Texte für Herz, Bauch und Kopf. Ja, das ist die Zukunft des Deutschen Reggaes, unaufgeregt, bescheiden, brillant. Vor der großen Bühne erleben leider nur ca. 300 Menschen den Herzstück-Auftritt dieses Festivals: http://www.sebastian-sturm.com/ Wir ziehen wieder zur kleinen Bühne und entdecken: Intensified spielen Rocksteady. Den ganz alten, 60s Rocksteady, den es nur noch auf zerkratzten Schallplatten zu hören gibt. Hier kratzt nichts, ein gemütlicher, chrompolierter Dampfer schaukelt durch die Mittagssonne (ja-ha!), die Bläsersätze schweben kraftvoll über Bord, majestätisch stampft der Beat, ach herrlich: http://www.intensified.net/ Auf Anraten von Sir Peter beschließe ich, meinen jetzigen Beruf an den Nagel zu hängen und Posaunist einer Rocksteady-Band zu werden. Vielleicht spiele ich in Zukunft bei The Slackers.
Die New Yorker Ska-Legenden können auch Rocksteady und Ska, nur einen Tick schneller als Intensified. Und die Rudeboys sind sehr gut angezogen. Ich trage ja auch gerne Anzüge: http://www.theslackers.com/ Nosliw kommt auf die Bühne, Hip-Hop-Reggae, geschmeidig bis gefällig, genau das Richtige für einen Nachmittag der sonnig zu werden scheint. Sir Peter und ich haben schon wieder einen argen Fress-Flash, es wird mein traditionelles Summerjam-Lieblingsgericht geordert, Chicken Yassa, in Senf und Zitrone mit viel Zwiebeln geschmortes Huhn auf buttrigem Couscous. Korrespondierende Getränke werden geordert (Caipirinha, Sekt und Bier), die Sonne brennt. Geht doch. Tanja Stephens, die große Dancehall-Queen legt auf der Hauptbühne los. Tanja Stephens mag ich. Kann ich nur nicht mehr unbelastet hören. Vor Jahren gab ich einmal einem falschen Freund ein selbstgemixtes Reggae-Tape. Da war auch Tanja Stephens drauf. Der falsche Freund bedankte sich herzlich, nur Tanja Stephens hätte ihm gar nicht gefallen, ob ich das von einer „Die Schlümpfe singen Reggae“-Kassette kopiert hätte. Seitdem denke ich an die Schlümpfe wenn Tanja Stephens singt. Wir sitzen am Ufer des Fühlinger Sees, schauen auf die glitzernde Wasseroberfläche, die in der Abendsonne funkelt. Es ist warm, die Menschen sind freundlich und leuchten schön rot. Alle haben schlagartig Sonnenbrand. Die Welt ist schön. Tanja Stephens singt dazu. Ich mag Tanja Stephens, ich kann sie nur nicht mehr unbelastet hören. Arschloch. http://www.myspace.com/tanyastephensmusic Sir Peter ist plötzlich von großer Vorfreude erfüllt, denn gleich kommt sein privater Flash-Gott: Clueso Kenn ich nicht. Sir Peter erzählt mir von Clueso. Der bestreitet mit seiner Band gerade das Vorprogramm der aktuellen Herbert Grönemeyer-Tournee. Ich erschrecke fast zu Tode. Doch Sir Peter erzählt von intelligentem Hip Hop, von schlauen Texten auf Deutsch, von komischer Lyrik, von geschmeidigem Jazz und dickem Funk. Und genauso wars. http://www.clueso.de/ Nochmal Hip Hop, noch mal schlaue Texte, der Blumentopf ist im Haus, Rap aus München, ganz toll, aber, Herrschaftszeiten, ich brauch jetzt mal wieder Reggae. Bennie Man spielt zeitgleich auf der großen Bühne, den seh ich mir an. Ach nee, doch nicht. Denn man kommt nicht mehr zur Hauptbühne. Zu voll. Mauern aus Menschen. Wie sprach der Veranstalter am Vormittag ins Mikro?: Er sei auch überrascht, es sei so voll dieses Jahr. Wir könnten aber gerne nächstes Jahr wieder kommen, sollten nur keinem mehr davon erzählen und niemanden mitbringen. Sollte ein Witz sein. Keiner hat gelacht. Jean Paul. Gleiches Problem. Es geht nichts mehr. Dafür kommt man jetzt prima an die Fressstände. Und zum Bier. Und zum Zelt. Ich schenke uns noch ein Glas Rosé ein. Man kann Jean Paul von hier aus auch gut hören. Bumbumbumheysexyladybumbum. Sterne am Himmel, das Geräusch feiner Wasserschläge, die Bäume rascheln im Wind. Zwei Nachbarn schaun vorbei, wir reden noch ein wenig, die Gaslampen fauchen in die Nacht, bis wir sie ausdrehen. Sonntag. Die Sonne strahlt, der Himmel ist stahlblau und niemand will nachhause. Bierkästen, Stühle, Matten und Pappen werden zum großen Nachbarschaftstreff zusammen getragen, der Sonnenschirm zwischen Mülltüten und Kühltaschen fixiert, lustige Zigaretten gebaut, Bier angeschleppt, Kaffee gekocht, der Grill angeschmissen. So einfach geht Party. Ein sehr lustiger Nachbar, der seit drei Tagen ohne Unterbrechung so ziemlich alles konsumiert, wird zum Drogenbeauftragten ernannt, belehrt die Vorbeiziehenden über die Freuden des Rausches und rüttelt dabei mehrfach kräftig am „Watschnbaum“, wie Sir Peter es schön auf den Punkt bringt. Aber Freunde der Reggaemusic sind so geduldig und friedlich wie ihr Ruf es bleib bei Lachtränen. Immer fröhlicher wird die Truppe und irgendwann hat irgendwer die brillante Idee, man kenne sich ja nun schon drei Tage, da könne man ja auch mal gemeinsam Musik hören. Über allen Köpfen gehen große Glühlampen an. Auf der Hauptbühne spielen Seyni & Yeliba, eine der bekanntesten Reggae Bands Frankreichs aus Heimat Guinea. Sänger Seynis Stimme ist schmeichelnd wie flüssiger Honig, glasklar und kraftvoll, er singt auf Englisch, Französisch und seiner Muttersprache Malinké. Die Band spielt fließend leichten, Roots-Rock-orientierten Reggae mit zahlreichen Tempi-Wechseln innerhalb der Stücke, das ist spannend, entspannend und tanzbar und reich geschmückt mit afrikanischen Instrumenten wie Ballaphone und Djembe. Für mich die Neuentdeckung dieses Festivals, ich bin sehr gespannt auf das Album: http://www.seyni.com/ Auf der kleinen Bühne erleben wir dann noch ein grandioses Konzert mit den „Ohrbooten“. Hab ich auch noch nicht gekannt. Schneller Party-Reggae, virtuos auf den Punkt gespielt, gerne auch mal mit ner knüppelharten Gitarre dazwischen, rasender Ska, schleppender Rocksteady und sehr lustige deutsche Texte. Ob das auf Platte funktioniert werde ich noch rausfinden, live ist das ein Knaller an Spielfreude und Spaß! Die Jungs sind im Juli und August auf Tour, watch it!: http://www.ohrbooten.de/ Wir packen. Die After-Party-Depression setzt schon am Zeltplatz ein, bei der Verabschiedung von unseren einmaligen Nachbarn, Menschen mit denen ich mich sogar ausserhalb dieses Ausnahmezustandes jederzeit treffen würde. Tina, Christin, Thomas, Pierre, big up for you & reeeewind! Eine letzte Wanderung zum Auto, schön war das, der schönste der sieben Summerjams die ich bislang erlebte. Die Natur, die Musik, die Menschen um uns! Aber ganz besonders schön war die Zeit mit Sir Peter, der mit dem alten Herrn Paulsen eine wirklich beeindruckende Party abgebrannt hat, mir Bands zeigte, die ich freiwillig wohl nicht gesehen hätte, Sir Peter mit dem es sich reden lässt und schweigen und feiern. Es war ein großer Gewinn für mich, dass wir uns nach all den Jahren mal wieder wirklich getroffen haben. ... Link Freitag, 29. Juni 2007
Sensationeller Soundtrack für diesen Sommer: [dunkelbunt] / Morgenlandfahrt
herr paulsen
11:40h
Lassen Sie sich nicht täuschen: Cover und Titel des Albums erinnern an die Kunstschaffe des niederländischen Musikclowns Herman Van Veen, kitschige Holzhammerpoesie für selbstbestimmte Batikhemdenträger. Der Verweis auf Herman Hesses „Morgenlandfahrt“ macht es auch nicht gerade funkiger. Aus diesem Grund hätte ich dieses sensationelle Album fast wieder ungehört zurück gestellt. Das wäre ein schwerer Fehler gewesen. Ich entdeckte staunend bekannte Namen auf der Tracklist: die entfesselten Gypsy-Brass-Bläser von Fanfare Ciocarlia, die anbetungswürdige Amsterdam Klezmer Band und die todgeglaubten 17 Hippies aus Berlin. Hä? Hinter Dunkelbunt steckt der gebürtige Hamburger DJ und Produzent Ulf Lindemann, der von seiner Wahlheimat Wien aus, den Balkan entdeckte. Per Fahrrad, so geht die Sage, Wien-Istanbul in einem Monat. Die unterschiedlichsten musikalischen Souvenirs dieser Reise hat Lindemann auf seinem Album zu einem grandiosen Gesamtkunstwerk fusioniert. Gypsy-Klänge, Klezmermusik, Polka und Balkanbeats treffen auf basstiefen Dub, russischen Reggae, Raï, afrikanische Tromelgewitter, klagender Tango und französischer Hip-Hop. Drum`n`Bass, flirrende Sitars dazu dicke Funkläufe, entspannter Jazz und ein babylonisches Sprachgewirr der zahlreichen Gäste aus aller Welt. So was kann schief gehen. Ein bisschen wie in diesen Restaurants, die griechische Küche, italienische Pizzen und thailändische Wokgerichte anbieten und stolz auf ihre amerikanischen Burger hinweisen. Ulf Lindemann hat die Klippen der Wahllosigkeit elegant umschifft, wie selbstverständlich fließt alles zusammen, ein eigenständiger Musikstil entsteht. Nicht zuletzt weil Lindemann jeder Musikrichtung eigenen Raum zugesteht. Lindemann kocht übrigens leidenschaftlich gerne, kreiert eigene Gewürzmischungen, ich glaube da gibt es Zusammenhänge. Hier das Video zur ersten Singleauskopplung, "The Chocolate Butterfly": Dunkelbunte Sommernächte, wunderschöne Frauen, echte Männer mit Brusthaaren („kroatische Grillschürze“), ein Grill mit scharfen Lammwürsten und dicken Steaks, eiskaltes Bier, ordentlich Slivovitz und dieses Album, das wünsche ich Ihnen für diesen Sommer! [dunkelbunt]: ... Link Sonntag, 24. Juni 2007
Mixed Pickles #7: Rastaman Erschütterung, Schmuddelputzer, Nick Cave & Herr Kachelmann
herr paulsen
10:18h
Die Liebste läuft durch die frisch geputzte Wohnung und begleitet fröhlich singend Bob Marley: „Eiermann-Vibration, yeah! Eiermann!“ Meine Hinweise, es handele sich bei „Iyaman“ übersetzt um einen Higherman, also einen Mann der Schöpfung, ein Kind der Schöpfung im biblischen Sinne, oder allerhöchstens sei das ganze noch als Synonym für einen Rauschzustand zu verstehen, werden abgebügelt: „Der singt Eiermann, hör doch hin.“ Ich werden „“Postive Vibrations“ nie wieder unbefangen hören können. … Die Bildzeitung hat in ihrer gestrigen Hamburg-Ausgabe eine Wortschöpfung veröffentlicht, die der Liebsten endlich erlaubt, in knapper Form meine putztechnischen Bemühungen im häuslichen Bereich treffend zusammen zu fassen. Schmuddelputzer. Schönen Dank auch, Bild Hamburg. … In der vorletzten Ecke meine Videothek, kurz vor den Pornos, ganz unten im Regal einen Western gefunden. Ich kucke keine Western. Zu diesem hat aber Nick Cave das Drehbuch und die Musik geschrieben. Den habe ich dann mal mitgenommen. Regnet ja sowieso die ganze Zeit. Überraschung! “The Proposition“ (2005, Regie: John Hillcoat) ist einer der besten Filme die ich in den vergangenen Jahren gesehen habe, ein Meisterwerk. Australien 1880, glühende Hitze, Rassismus, eine total verrohte Gesellschaft, Hunger und Armut. Fast schon poetische, rauschhafte Bilder wechseln mit beiläufig explodierender Gewalt, die sehr drastisch dargestellt ist. Eine spannende Geschichte, Gut und Böse gibt es nicht, die Umstände zwingen alle an die Waffen und in die Unmenschlichkeit. Sensationelle Schauspieler, John Hurt in der Rolle seines Lebens, Guy Pearce (Memento) spielt furchterregend gut. Über allem die brillante, wehmütige Musik von Nick Cave. „Spiel mir das Lied vom Tod“ ist Kinderfernsehen gegen diesen Albtraum. Um nach diesem Film wieder ins Leben zurück zu finden, empfehle ich mehrfaches, lautes Abspielen des Eiermann-Songs. … Überhaupt, dieser Regen. Hört das denn niemals auf? Das ganze Wochenende denke ich solidarisch an die Besucher des Hurricane-Festivals hier um die Ecke. Ist da noch Leben, unter dem Schlamm? Schlimm. Ich habe aber auch eine positive These entwickelt: Alles was jetzt runter kommt, kommt vom 06.-08. Juli nicht mehr runter. An den Tagen vom 06.-08. Juli müsste eigentlich die Sonne scheinen, kommt ja alles jetzt schon runter. Sicherlich haben wir sensationelles Wetter vom 06.-08. Juli. Da lebe ich nämlich das Leben eines Iyaman, so eins und eins mit der Natur, dazu ein Zelt für 35 Euro als Heim. Da wäre gutes Wetter hilfreich. Aber da ja jetzt schon alles runter kommt, wird das bestimmt sehr sonnig, vom 06.-08. Juli, zumindest hier. Bestimmt stimmt meine These, oder? Herr Kachelmann übernehmen Sie! … Zum Abschluss dieser Mixed Pickles-Ausgabe, möchte ich Ihnen diese wunderbare, lachtränentreibende Übersetzung von Bob Marleys „Positive Vibrations“ nicht vorenthalten, die ich im Netz gefunden habe und hier mal unverändert reinstelle: Leben, wenn du leben möchtest Wenn du unten und du der tägliche Streit erhältst, Dich sagen die gerechte Phasen Neigung das negative Weise, Pickin oben? Rastaman Erschütterung, yeah! (Positiv!) Pickin oben? ... Link Samstag, 23. Juni 2007
Begegnung mit einem König
herr paulsen
11:07h
Er sitze gerne vor Kunstmuseen, sagt er, die Menschen seien zivilisierter dort und gäben reichlich für sein Volk. Er beugt sich ein bisschen nach vorn und flüstert: „Die Menschen glauben ich sei selbst ein Künstler.“ Ein dröhnendes Lachen aus dem dichten Bart ohne Mund: „Dabei bin ich doch König!“ „Für mein Volk“ steht auf dem Pappkarton zu seinen Füssen, daneben eine Dose aus Weißblech in der Euro-Stücke liegen, Einer, Zweier, 50 Cent-Münzen, kaum kleineres Geld, ein 5-Euro-Schein. Der König näht gerade mit einem dünnen, blauen Faden eine Postbotin an den linken Arm seines grobmaschigen blauen Pullovers. Mit geröteter Hand führt er die dünne Nadel mit dem Garn immer wieder um die Hüfte der Postbotin. Gleich neben der Postbotin sind drei Müllmänner, eine Badenixe und ein Schrankenwärter fest genäht. Winzige Miniaturfiguren überall auf dem Pullover, Polizisten, Sanitäter, spielende Kinder, ein Herr mit Anzug und Aktentasche. Auf der rechten Schulter des Königs picknickt eine Familie, schwankend durch die Nähbewegungen. In seinem Bart entdecke ich einen Bergsteiger. Wieder dieses volle Lachen: „Den hab ich da als Blickfang für die Menschen reingehängt, der kommt Abends in die Tasche.“ Das Geschäft läuft gut, gerade vor den Kunstmuseen. Immer am Montag hat der König frei und macht sich auf die Suche nach einem Modellbaugeschäft, für einen Teil des Geldes „befreit“ er dann Figuren aus den Abteilungen für Modelleisenbahnen und führt sie zu seinem Volk. Teuer sei das und auch die Modellbaugeschäfte würden immer weniger. Sie können ja auch im Internet bestellen, sagen die Verkäufer, wenn er sich über die schrumpfende Auswahl beschwert. „Und kaum noch Zivilisten! Alles Soldaten!“. Aus ganz Deutschland kommen seine Figuren, „ich kaufe überall wo ich bin“. Teile seines Volkes stammen außerdem aus Spanien, Italien und Frankreich. Er zeigt stolz auf einen Mann, der ein Baguette unter dem Arm trägt. Die obere Baguettespitze ist abgebrochen, ein Unfall, „im Schlaf“. Nachts spricht er zu seinem Volk, "gegen die Einsamkeit". Aber nur Nachts, „tagsüber denken die Menschen ja ich hab einen an der Murmel, ich tick nicht ganz richtig, dabei tickt das alles prima bei mir!“ Er lacht laut, wirft die Arme in die Höhe, der Bergsteiger fällt aus dem Bart, „ooooh-hauaha!“. Wie denn der König den Pullover wäscht, will ich wissen, der König schaut irritiert. „Ich bin doch immer an der frischen Luft, der ist prima gelüftet!“ erklärt der König ein bißchen beleidigt, und dann mit einem vorwurfsvollen Fingerzeig auf meine Zigarette: „Und ich rauche nicht! Wie das stinkt!“ Zwei japanische Touristen kommen zögerlich näher: „Foto?“, fragen sie. „Fünf Euro!“, lacht der König und steckt den Bergsteiger zurück in seinen Bart, bevor er seinen Rücken durchdrückt und stolz in die Kamera blickt. ... Link Sonntag, 17. Juni 2007
Geschenkt: Small Axe Soundsystem-Mix für Sir Benni Miles.
herr paulsen
10:15h
So langsam, so langsam, so langsam passt das Wetter endlich zum Sound, Reggae Music läuft wieder heavy rotation im Kiosk. Come again! An den Reglern stand die Crew des deutschen Small Axe Soundsystem (remixed by SensiRyder / mastered by DJ Coma), geschmeidig führen sie die aktuellsten Tunes der derzeit größten Reggae-Dancehall Artist zusammen. Unglaublich wer da alles dabei ist: Capleton, Buju Banton, Wayne Wonder, Elephant Man, Bounty Killer, Vybz Kartel, Sizzla, Sean Paul, Fanton Mojah, General Levy, to name but a few, und aus Deutschland Nosliw und der von mir sehr verehrte Sebastian Sturm. Rewind! Ein pumpendes who is who der aktuellen Reggae-Szene. Respekt und Danke! Download: Wer gemütliche, Ganja-umnebelte Sommertapetenmusik erwartet wir enttäuscht, es gibt ordentlich dicken Dancehall aufs Ohr, Lord have mercy, die letzten zehn Minuten feiern dann den neuen Roots Reggae, wunderschön! Big up! Hä? Reggae? Dancehall? Was? An dieser Stelle möchte ich noch "inspectordread" vorstellen, eine großartige, liebevoll gestaltete, deutsche Seite zu Reggae, Ska, Rocksteady, Culture, Rastafari-Religion, mit Jamaica-Infos und Patoise-Lexikon. Sogar Ital-Food-Kochrezepte sind zu finden: http://www.inspectordread.de/ Der Sommer wird mighty! Links: Big Spender: http://www.sirbennimiles.de/ Small Axe Soundsystem: http://smallaxe.de/ ... Link Donnerstag, 14. Juni 2007
Zensur bei Flickr
herr paulsen
09:04h
Grundsätzliche Infos bei Don: http://don.antville.org/stories/1645920/ und Cem: http://sprechblase.wordpress.com/ und Ix: http://wirres.net/article/articleview/4451/1/6/ Laut geben und Meinung geigen: http://flickr.com/photos/atomtigerzoo/ http://www.flickr.com/groups/keine_zensur/ http://www.flickr.com/help/forum/en-us/42597/ ... Link ... Nächste Seite
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