Dem Herrn Paulsen sein Kiosk
Mittwoch, 19. März 2008
Junge Auslese


Finn-Ole Heinrich Foto Alexander Raba

Einen kleinen Film über junge Verlage hat DIE ZEIT von der Leipziger Buchmesse mitgebracht. Darin wird auch der Hamburger mairisch verlag vorgestellt, in dem auch die beiden Anthologien zu unserer Lesereihe erschienen sind. Außerdem gibt es ein Interview mit Finn-Ole Heinrich, dem Autor des Romans Räuberhände:

Film ab!

... Link


Dienstag, 18. März 2008
Opa Paulsen kehrt zurück


Der junge Paulsen (rechts), Sommer 1988

Gestern Abend sahen wir im Fernsehen eine Reportage über den Rudolf Achenbach Preis. Die besten Kochlehrlinge des Landes treten da gegeneinander an. Ich war erstaunt. Die ehrgeizige Jungköche brillierten überwiegend mit aufwendig gerollten Kleinkunstwerken, allerlei zeitraubendem Bastelkram, effektvoll schraubten sich besonders die Desserts in ungeahnte Höhen, das Backwerk zum Himmel, komm lasst uns Sieger sein. Als ich vor zwanzig Jahren am Rudolf Achenbachpreis teilnahm (Vorentscheidung Landesverband Baden Württemberg), ging es da irgendwie gediegener zu. Es gewann ein Mädchen das Kartoffelkroketten in Mäuseform gebracht hatte, mit Nelkenaugen. Und ich servierte zum Nachtisch gelierten Weinglibber mit Trauben („gekühltes Weinsüppchen mit seinen Trauben“). Dessert konnte ich damals schon nicht.

So saß ich da also gestern vor der Glotze wunderte mich und die Liebste lachte Tränen „Weinglibber!“, rief sie wieder und wieder, voller Begeisterung und atemlos: „Vierter Platz!“ Und wie ich mich so wunderte über das Kochen und die Liebe, da fiel mir noch was auf: wie altmodisch die fressigen Neubauten doch sind. Dass womit die Kochlehrlinge da handwerklich überzeugten war der alte Angeber-Spielkram der Achtziger, solides Blendwerk, barocke Kompositionen.

Im Laufe der Reportage lichtete sich meine Verwunderung, ich erfuhr dass, im Gegensatz zu meinem Wettbewerb vor zwei Jahrzehnten, die Lehrlinge heute den zu verkochenden Warenkorb bereits Wochen vorher kennen. Und üben können. Das wiederum deutet daraufhin, das hinter all dem verspielten Tand ehrgeizige Ausbilder und Küchenchefs stehen, die sich kulinarisch immer noch auf einem Küchenball der achtziger Jahre befinden.

In der Nacht trat ich dann zur Rettung der Deutschen Küche an. Kaum hatte ich die Augen geschlossen, wurde das Licht heller, es roch nach der kräftigen Jus die in einem großen Topf simmerte, Flammen explodierten über schwarzen Pfannen, wie ein altes Dampfschiff bollerten in der Spülküche die Maschinen rhythmisch dröhnen über Topfgeklapper und gebrüllten Zubereitunsgbefehlen. Monsieur stand ganz hinten im Küchenbüro und war nicht im mindesten überrascht, mich zu sehen. In Kochmontur.
„Monsieur, ich möchte wieder bei ihnen anfangen.“
Kunstpause. (auch im Traum neige ich, so scheint es, zur Dramatisierung)
„Es ist mir ernst!“
„Und die Liebste, was sagt die?“
„Ich werde es ihr erklären, sie wird es verstehen, es ist wichtig.“
Wir nickten einander schweigend zu und ich machte mich ernsten Blickes an die Arbeit.
Diesmal würde ich den Achenbachpreis revolutionieren!

Rudolf Achenbach Preis

... Link


Montag, 17. März 2008
Kein Kommentar?

Zur Zeit wird hier und da nachgedacht, ob das denn überhaupt sein muss mit diesen Comments. Frag ich mich auch schon lang. Das schöne am Bloggen ist natürlich die Möglichkeit in einen Dialog zu treten und bestenfalls zum eigenen Senf etwas Erhellendes beigetragen zu bekommen. Klingt gut, machen aber die wenigsten. Stattdessen finden sich in den Kommentaren allerorts überwiegend selbstherrliche Klugscheißer, unlustige Hobbykomiker, anbiedernde Claqueure und gelangweilte Querulanten mit zuviel Tages- und Nachtfreizeit. Ich selbst kommentiere nur noch im Notfall um nicht in den Verdacht zu geraten, einer dieser Gruppen anzugehören. Denn Achtung: das geht schneller als man denkt!

Eigentlich könnte man die Kommentarfunktion abschalten, es gelingt tatsächlich nur einem Bruchteil von Blogs unterhaltsame, eloquente und geistreiche Kommentatoren langfristig an sich zu binden. Andererseits fehlte dann der Dialog, das Feedback. Mich interessiert der Blickwinkel meiner Leser, mich interessiert Ihre Meinung. Da muss ich notgedrungen eben auch so manches Mal in den sauren Apfel der Fassungslosigkeit beißen. Ich vertraue einfach weiterhin auf die emotionale Intelligenz und den gesunden Menschenverstand meiner Besucher. Höflichkeit und ein freundlicher, respektvoller Ton bleiben in diesem Blog selbstverständlich und die Voraussetzung um zu kommentieren.

Links zum Thema:

"Freie Hatz für freie Bürger?"
Ein Artikel von Niklas Hofmann auf süddeutsche.de:

http://www.sueddeutsche.de/computer/artikel/105/163647/

Die im Artikel zitierte Anke Groener hat schon 2005 die Kommentarfunktion abgeschaltet und erklärt (nicht nur den Lesern der Süddeutschen) noch mal warum. Verführerisch:

"Enjoy the silence"

http://www.ankegroener.de/?p=2417

Erhellendes zum Thema auch bei Johnny vom Spreeblick:

http://www.spreeblick.com/2008/03/07/kommentare-kommentieren/

iso800 fordert „Konversation mit Gesicht“:

http://www.fabianmohr.de/iso800/2008/02/27/bitte-keine-anonymen-kommentare/

und hat sehr schöne Kommentarregeln aufgestellt („bewegend!“, „man kommt ins Träumen!“):

http://www.fabianmohr.de/iso800/kommentare/

Und bei Stefan Niggemeier kann man schon seit Anfang März einfach abschalten (kann mir das jemand für mein Blog einrichten?):

http://www.stefan-niggemeier.de/blog/einfach-mal-abschalten/

... Link


Freitag, 14. März 2008
Klingendes Video zum Wochenende (11)

Der in London geborene italienische Künstler Giuseppe Ragazzini arbeitet seit Jahren mit der Animation seiner Malerei, die Musik spielt eine große Rolle, es entstehen dabei großartige Videos.

Als erstes eine Arbeit zum Song "Sijmadicandhapajiee" von Avion Travel mit Paolo Conte, ein ungewöhnliches, doch klassisches Musikvideo. Danach ein Video von einer Performance in Mailand, während eines Konzertes des Sängers Vinicio Caposella. Diesen Clip hat Giuseppe Ragazzini erst vor ein paar Tagen online gestellt, wer sich für seine Video-Arbeiten interessiert, sollte sein umfangreiches youtube-Archiv besuchen.

"Sijmadicandhapajiee" (Avion Travel/Paolo Conte):

Giuseppe Ragazzini painting live during Capossela's concert:

Giuseppe Ragazzini-Archiv bei youtube:

http://youtube.com/user/giusepperagazzini

Homepage des Künstlers:

http://www.giusepperagazzini.it/

Avion Travel:

http://www.avion-travel.net/site.html

Vinicio Caposella:

http://www.viniciocapossela.it/

... Link


Mittwoch, 12. März 2008
Wie die Katholikin Waltraut Kunz und der Karstadt-Konzern die Händler aus dem Konsumtempel jagten

Waltraut Kunz ist eine Katholikin die „mit offenen Augen durchs Leben geht.“ Waltraut Kunz wollte ihren Augen nicht trauen, als sie in der Parfümerieabteilung des Lübecker Karstadthauses das Parfum „Vive Maria-forbidden fragrance“ (almost innocent) entdeckte: andekoriert mit einer Madonnenstatue deren Kopf sich auf Höhe des Unterleibes eines Dessous-Modell befand. Waltraut Kunz fühlt sich in ihrem Glauben verletzt und fasst einen Plan. Sie wendet sich an die Lübecker Probsteigemeinde, gemeinsam schreibt man einen Beschwerdebrief an Karstadt Lübeck. Der dortige Karstadt-Chef Andreas Joslyn leitet den Brief an die Zentrale in Essen weiter.

Das Unfassbare geschieht:
Der Duft, den die 2006 gegründete Hamburger Rubysense GmbH für das Vive Maria-Modelabel der Berlinerin Simone Franz entwickelt hat, wird vom Karstadt-Konzern aus 59 Filialen deutschlandweit entfernt. Der Duft wurde bis dahin exklusiv in ausgewählten Karstadthäusern vertrieben.

Abgesehen vom wirtschaftlichen Schaden, der den Jungunternehmern entsteht, erstaunt es doch sehr, dass die religiösen Gefühle der Waltraut Kunz dem Karstadt-Konzern ausreichten, um gelungener Designkultur und der Freiheit Andersdenkender die hauseigene Drehtür zu weisen.

http://www.rubysense.com/

http://www.vivemaria.de/

Presse:

Lübecker Nachrichten:
http://www.ln-online.de/lokales/2318730

süddeutsche.de:
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/artikel/986/162535/

... Link


Dienstag, 11. März 2008
When the funk hits the fan…


press & play!

Freund Loco hat mich auf das umfassende Music Archive des Funky16Corners-Blog und der gleichnamigen Radio Show aufmerksam gemacht. Tonnen geschmeidigster Funkmusik, pralle Mixalben, zum vorhören oder downloaden für nichts weiter als die Liebe zu guter Musik.
"A true find and worthy to be linked worldwide!" schreibt Funkminister Loco. Da hat er recht.

... Link


Freitag, 7. März 2008
Klingendes Video zum Wochenende (10)

Achtung! Augenkrebs & Ungemach! Das folgende Video ist in Großbritannien sogar verboten und hat derzeit auf MTV keine Ausstrahlungsgenehmigung. "Run", die erste Single-Auskopplung des neuen Gnarls Barkley-Albums "The Odd Couple" ist eine Soul-satte Disconummer, das zugehörige Video kann aber, neben tänzerischem Bewegungsdrang, auch Epilepsie auslösen. Dies wurde beim so genannten Harding Test festgestellt.

DJ Danger Mouse und Rapper Cee-Lo Green kündigten eine überarbeitete Version des Videos an, bis dahin, auf eigene Gefahr, hier das Original (der lustige Show-Moderator mit der Monsterbrille ist tatsächlich Justin Timberlake):

http://www.gnarls-barkley.de/

http://www.gnarlsbarkley.com/

... Link