Dem Herrn Paulsen sein Kiosk
Donnerstag, 1. November 2007
Che Sudaka. Da wird sogar Herr Chao blaß.

Der verwinkelten Topografie einer Musikrichtung liegt immer ein Epizentrum zugrunde, das für Orientierung sorgt. So zur Verortung. Für den Reggae ist das Bob Marley, beim Funk hilft James Brown, in der Mestizo Musik beruft man sich gerne erstmal auf Manu Chao. Die wenigen Beispiele zeigen: es sind nicht unbedingt die aktuellsten Künstler die den Kopf für die Benennung einer ganzen Musikrichtung hinhalten müssen, es sind bestenfalls jene, die einen Stil bekannt gemacht und geprägt haben, meistens aber einfach nur jene Künstler, die wirklich jeder Mensch kennt.


Kennt noch nicht jeder Mensch:Che Sudaka

So muss auch die Vorstellung der Mestizo Band Che Sudaka mit Manu Chao beginnen, denn was die sechs gebürtigen Argentinier, mit mehr oder weniger festem Wohnsitz in Barcelona, auf ihrem neuen Album „Mirando El Mundo Al Revérs“ präsentieren, ist schon sehr nah an Manu Chao. Inklusive Megaphondurchsagen, knarzigen Radioeinspielungen und getaptem Straßenlärm. Einziger, aber wesentlicher Unterschied: Die ehemaligen Straßenmusiker sind musikalisch deutlich abwechslungsreicher als Manu Chao. Lässig klimpert die Klampfe, schmachtend tönt das Akkordeon, internationale Gesänge dazu, ein Rap, ein bisschen Punk, Reggae, Salsa. So macht Manu Chao das auch, immer häufiger mit einem Hang zur, durchaus meditativ-tanzbaren, Redundanz. Rhythmus ist alles. Che Sudaka machen reichhaltige Musik. Leider nur kurze dreißig Minuten. Aber egal: ein atemloses Album, dreißig Minuten auf den Punkt, pausenlos durchgespielt, abwechslungsreich in Tempo, Instrumentierung, Stil, dabei fällt nichts auseinander, ein perfektes Album. Nach einer halben Stunde hört man sich das Album dann einfach noch mal an und noch mal und noch mal, es gibt viel zu entdecken.

Dem Album ist außerdem eine feine DVD beigelegt mit einer Doku über die Band, vielen Interviews, Bildern aus Barcelona, Musik aus den vorhergegangenen Alben der Band. Das ganze wahlweise mit englischsprachigen Untertiteln, auch alle angespielten Songs werden übersetzt. Das bringt einem die Band schnell näher, das macht Spaß.

Spaß machen wohl auch die Konzerte der Band. Dabei schaltet die Band auf eine deutlich härtere Gangart, der kurze Live-Mitschnitt auf der DVD zeigt eine Ska-Punkband, mit rasend schnellen Gitarrenläufen und ordentlich Gehüpfe im Publikum, da darf man nicht zimperlich sein und sollte zumindest über Grundkenntnisse im Pogo tanzen verfügen. Also ich freu mich drauf. Che Sudaka sind für mich auf jeden Fall bis auf weiteres Epizentrum und Hauptstadt des Mestizo.

Che Sudaka live:

02.11.2007: Dresden - Groove Station
03.11.2007: Berlin — SO36
06.11.2007: Leipzig - NaTo
07.11.2007: Potsdam — Fabrik
08.11.2007: Hamburg - Hafenklang
09.11.2007: Bremen — KUZ Lagerhaus
10.11.2007: Lübeck - Treibsand
12.11.2007: Hannover - Bei Chez Heinz
13.11.2007: Kassel — Schlachthof
15.11.2007: Koblenz — Musikkneipe Tenne
16.11.2007: Hagen — KUZ Pelmke

http://www.chesudaka.com/

http://www.myspace.com/chesudakastyle

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Blogvertwitterung

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