Dem Herrn Paulsen sein Kiosk
Freitag, 13. Mai 2005
„Hat der junge, schreibende Mensch Grund zur Klage?

Ein Beitrag von höchster literarischer Güte, in Wort und Inhalt landete heute in meiner Mailbox. Bitte festhalten. Also sich selbst. Am Stuhl. Oder so. Hier wird nicht allein für eine Veranstaltung geworben, nein, der Unterschied zwischen U- und E- Literatur wird gleich in blumigen Worten mitgeliefert. Für den vollen Genuß lesen sie bitte den folgenden Text zuhause laut und in klassischem Bühnendeutsch ( siehe: Kinski, George, rollendes R). Viel Spaß:

15. Juni, Mittwoch, 20.00 Uhr - Literaturzentrum, Schwanenwik 38

In der neuen Reihe des Literaturzentrums „Debütantenbörse“ geht es um eine Auswahl von Talenten, um das Erlernen, über eigene und fremde literarische Formen und Verdichtungen diskutieren zu können, um Selbsteinschätzung, Vertiefung und Ortung der Schreibhaltung. Es geht um die Entdeckung der Worte, die die Welt bedeuten. Ein Team aus Lyrikerinnen, Prosa-, Theater- und Drehbuchautoren und Kritikerinnen, die mit allen Wörtern gewaschen sind, die Tücken der Veröffentlichung kennen, aber vor allem ein Gespür für verborgene Talente besitzen, haben für die Debütantenbörse 2 Texte ausgewählt, über die diskutiert werden wird. „Hat der junge, schreibende Mensch Grund zur Klage? Nein – hat er nicht. Wohl selten gab es in unserer Stadt so viele Möglichkeiten, frisch Gedichtetes unter das noch ahnungslose Volk zu bringen. Da gibt es den Macht-Club, den Slam Poetry Abend, die sonntägliche ‚Kaffee.Satz.Lesung’, da gibt es die Transit-Reihe und es wirkt der Club ‚Wortwechsel’. Eines allerdings fehlte bisher im Reigen dieser und anderer Veranstaltungen: Ein Abend, an dem das Vorgestellte einer erkennbaren Kritik unterzogen wird ...“

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Mixed Pickles 3

Auch mal sein lassen:
Essen im Borcherts in Berlin. Der Taxifahrer sagt auf dem Hinweg: „Jute Wahl! Dit is n Promischuppen, da könnse Berühmtheiten kucken!“ Links von uns sitzen Thomas Heinze und Dana Schweiger mit einer hyperventilierenden MTV Moderatorin. Rechts von uns sitzen Kulturministerin Weiss und Michael Naumann. Eben will ich Frau Weiss eine Ausgabe der Kaffee.Satz.Lesen-Anthologie in die Hand drücken, da kommt mein Hauptgang und Frau Weiss geht. Die Liebste atmet hörbar erleichtert aus.

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Hausmeisterliche Gefühle verletzt:
Supa Richie nennen wir in unserer Strasse den Hausmeister. Klasse Typ mit Hornbrille. Macht beim Reparieren mehr kaputt als ganz. Auch mal sich selber. Unvergessen: komme nachhause, Blutspur im Hausflur, führt zu meiner Wohnungstür. Drinnen viel Blut, in der Dusche Blutexplosion. Anderntags klingelt Supa Richie, die Hand im Verband, ja er wolle jetzt mal das Blut wegwischen.
Gestern auf der Strasse: „Herr Paulsen, sie haben doch ganz viele Rezepte?“ Ich so: „Ja“. Er so: „kann ich da mal welche haben.“ Ich so: „Ne, da müssen sie schon die Zeitschriften kaufen.“. Heute morgen auf der Strasse, ernster Blick durch Hornbrille: „Herr Paulsen, das hat mich schon verletzt, das mit den Rezepten gestern.“

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Im Bett mit Juri Andruchowytsch:

Deutsch sprechende, russische Autoren haben einen eigenen Lesesaal in der Bibliothek meines Herzens. Juri Andruchowytsch, die ukrainische Charmoffensive, liest im Malersaal aus seinem Buch "Zwölf Ringe" (Suhrkamp). Liest auf deutsch und sein russisch gefärbter Zungenschlag ist reine Poesie. Unterhaltsam, saukomisch, literarisch. Beschließe Andruchowytsch mit nachhause zu nehmen. Ich backe Pirogen, koche Borschtsch und Andruchowytsch könnte dann nach dem Essen zwischen der Liebsten und mir im Bett sitzen und uns was vorlesen. Kaufe dann doch nur das Buch. Mal sehen was übrig bleibt, ohne diese umwerfende Stimme. Jetzt schon Anwärter auf das Buch des Jahres. Werde berichten.
"Zwölf Ringe"

Aus dem Ukrainischen von Sabine Stöhr (Dvanadcjat’ obruc?iv) 2005. 312 Seiten. Gebunden. € 22,90 ISBN 3-518-41681-2

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Jugendbonus verwirkt:
Im Zuge der Ermittlungen gegen den Hamburger „Partykönig“ Ammer ein neues Wort gelernt. Newbees. Auch gelernt: eine topaktuelle Straßenumfrage der Hamburger Morgenpost unter 15-16 jährigen Frauen ergab, dass diese sich, wenn überhaupt, nur mit Gleichaltrigen einlassen, alte Männer ekelig finden und alt, das sind alle Männer über Zwanzig. Ich bin raus. Nach einer Schrecksekunde überfällt mich ein großer Frieden.

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Inna die Dancehall mit Karl Dall:
Wir sitzen im FuH, dem neuen Place to eat in Ottensen mit dem Charme einer Szenekneipe. Es ist ja so, dass ich Dancehall ganz prima finde, stelle aber fest, dass das nicht so die korrespondierende Musik zu französischer Käseauswahl ist. Ein ganzes Elephant Man Album knüppelt aus den Boxen, a we di gal dem want fi blaze up dem fire, put dem in a ecstacy and mek dem temperature go higher-uhh-ahh-uuh und die Liebste, mit einer, in diesem Fall segensreichen, Hörschwäche gestraft, sagt: „Also ich höre dauernd nur uhhh-ahh-huuuaaahha-uh-ah, klingt als säße Karl Dall hier am Tisch und würde immerzu rufen uh-ah-huaha-uuuu.“ Sehr gelacht, dann Beastie Boys zum Anisschnaps.

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Selbstreferenzielles Googeln:
Muss man ja manchmal machen. Um nachzusehen, ob es einen noch gibt. Festgestellt: es gibt mich noch. Festgestellt: die Kaffee.Satz.Lesen-Anthologie gibt es jetzt bei Amazon. Und schon eine Rezension. Weiter so.

..........................ritsch.

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