Dem Herrn Paulsen sein Kiosk
Sonntag, 16. Januar 2005
Herr Paulsens erbauliche Sonntagspredigt. Folge II:Rauchverbot. Schuhe aus. Geiseln der Gastfreundschaft

(Immer Sonntags macht sich Herr Paulsen an dieser Stelle Gedanken über die Unzulänglichkeiten der Welt.)

Gerade eben ist es wieder passiert. Ich habe eine Einladung ausgeschlagen. Mach ich seit längerer Zeit. Gnadenlos. Immer dann, wenn ich weiß, das es ein anstrengender Abend wird für mich, ungemütlich, nur Streß.

Die größten Geiseln der Gastfreundschaft sind Rauchverbot , dicht gefolgt von Schuhe ausziehen. Wer rauchende Freunde einläd und ihnen das Rauchen verbietet, kann kein wahrer Freund sein, er schränkt ein, bevormundet und verletzt das Persönlichkeitsrecht des Gastes. Besonders erwachsene Menschen jenseits der Dreissig und mit nachweisbarer Lebensleistung, reagieren darauf empfindlich.
Aber verletzt nicht auch der Raucher das Persönlichkeitsrecht des Einladenden? Zwingt ihn zum Passivrauchen, schädigt dessen Gesundheit? So ist es! Während aber der Einladende das alles MAL der Gastfreundschaft zu liebe ausblenden könnte, er setzt sich ja auch in anderen Bereichen des täglichen Lebens dem Rauch wildfremder Menschen aus, ist der Raucher selbst Gefangener seiner Sucht. Er ist süchtig. Er ist krank. Er kann nicht entscheiden MAL nicht zu rauchen.

Buddhistisch mitfühlendes Mitleid wäre angebracht. Zeigen sie ihrem rauchenden Freund, das sie ihn mögen, das sie sein Schicksal akzeptieren. Verbannen sie ihn nicht auf den Balkon wie einen Aussätzigen. Schenken sie ihm streßfreie Stunden in ihrem Heim. Sie können anschließend lüften, das kann doch nicht so schwer sein. Der Süchtige wird sicher nicht zwei Schachteln in zwei Stunden rauchen, aber ab und an eine gute Zigarette genießen, ja einfach nur die Option zu haben, wird ihn beruhigen und er wird sie preisen als toleranten Gastgeber und wahren Freund.

Noch ein paar Worte zur zweiten Geisel der Gastfreundschaft. Dem Schuheaus. Auch hier wird die Gastfreundschaft erheblich verletzt. Vielleicht bringen Sie ihren Gast in Verlegenheit, vielleicht hat er eben alle Strümpfe an die Waschmaschine verloren und nun sitzt er bei ihnen in abgewetzten, alten Socken mit losem Bündchen und schämt sich. Selbst wenn er allerfeinste Ware an den Füßen trägt, eines wird er mit Sicherheit. Frieren. Kalte Füße kündigen, gerade jetzt in der kalten Jahreszeit, die nächste Erkältung an. Sie möchten doch nicht ihren lieben Gast krank machen? Nein. Natürlich nicht. Also haben sie Museeums-Filzpantoffeln bereitgestellt. Toll, aber ich zieh die nicht an, diese Bakterienschleudern, diese Fußschweißsauger in die schon, wasweißichwer, seine Fußpilzsporen eingetreten hat. Ekelhaft!

Aber meine schönen Teppiche, rufen sie aufgebracht. Aber ihre schönen Freunde, antworte ich. Wir sind erwachsen. Wir haben Schuhmatten im Eingangsbereich. Wir können die Schuhsohlen gründlich abstreifen am Eingang. Bevor ich zu einer Einladung aufbreche, laufe ich nicht durch matschige Moorwälder und meide, wie auch sonst, Taubenkacke und Hundekot. Und wenn sich zufriedene Gäste dann verabschieden, dann saugen sie einmal durch und fertig. Im übrigen ist ein Teppich ein Gebrauchsgegenstand, und wenn nicht, gehört er an die Wand und kann dort der Jagd nach Hausstauballergikern frönen.

Sein sie ein guter Gastgeber. Sein sie ein toleranter Gastgeber. Und gehen sie mit diesem guten Gefühl durch ihre frisch gesaugte, frisch gelüftete Wohnung.

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