Dem Herrn Paulsen sein Kiosk
Samstag, 8. Januar 2005
Elvis Presley, Otto Sander & the wall of voodoo

Tassen hoch und Taschentücher raus! Elvis Presley wäre heute 70 Jahre alt geworden! Einmal bin ich zu einer Geburtstagsparty für den King gegangen, einmal und nie wieder. Es ist schrecklich und Elvis-Fans haben es schwer.

Sie huldigen einer längst verstorbenen Legende, wobei, ganz sicher sind sich da auch nicht alle, was das Todsein betrifft. Erschwerend kommt hinzu, das der Coolnessfaktor gen Null tendiert, wenn man sein Hobby, die Liebe und Verehrung zu seinem Idol, mit einer geschätzten halben Milliarde Menschen teilt.

Elvis-Fans sind Kummer gewohnt und ständig knapp bei Kasse, der teure Ausflug zum Graceland-Kasperletheater nach Memphis, immer neue Platten mit den alten Songs zu horrenden Preise und wer Devotionalien sammelt, bewirbt sich zwangsläufig auch öfter bei „Wer wird Millionär“. Wie die Schmeißfliegen einen Teller Salami in der Augustsonne, werden Elvis-Fans von Herrschaaren selbst ernannter Elvis-Doubles umschwärmt und gedemütigt, immer nur den Fake, den echten Elvis gibt es auf DVD.

Eine Stunde des höchsten Glücks ist dem Elvis Fan beschert, der Zeitzeugen treffen kann, Menschen die Elvis kannten und begleiteten, da kommt dann doch ein bisschen Farbe in die blutleere Erinnerungskiste, gestopft mit Platten, Büchern und den immergleichen Bildern.
Red West ist so einer, der Schulfreund und Bodyguard Presleys, ein begnadeter Songschreiber dazu, der viele Hits für Elvis schrieb, ihm stets zur Seite war und sich in vielen Elvisfilmen vom King auf die Glocke hauen lies, oder dessen Haartolle in brenzligen Szenen doubelte.

„It´s Elvis Time Hamburg“ und der dänische Elvis-Fanclub „Elvis Unlimited“ haben es geschafft, ein großer Tag, Red West zu Gast in Hamburg, ich bin Kummer gewohnt und gehe hin. Für 25 Euro erhalte ich eine Eintrittskarte und eine limitierte Elvis-CD. Ich ignoriere die Devotionalienstände und betrete den Saal des „Café Seeterrassen“. Ein schmuckloser beige-weißer Raum, irgendwer hat Gardinen der gleichen Couleur und mit Faltenwurf angetackert, ca. 200 Fans sind auf einer bunten Stuhlmischung zusammengerückt und harren der Dinge die da kommen mögen. Zuerst kommt Marten aus Dänemark auf die Bühne, er sieht überhaupt nicht aus wie Elvis, singt aber genauso, und bringt, zum Vollplayback, einige der schönsten Ohrenschmeichler. Das macht er wirklich gut, Applaus nach jedem Song, ansonsten sitzt und wartet der Saal auf Red West. Es gibt sogar eine extra Speisekarte für uns, oben links ist Elvis drauf, daneben steht „American Snacks“ und darunter, was dem Seeterrassen-Koch so eingefallen ist, zum Thema: Rührei mit Speck und Brötchen zum Beispiel, oder ganz abgefahren: Baked Potato mit Sahnesauce, Putenfleisch, Mais und Käse. Ich bestelle ein Stück Pflaumenkuchen, ohne Sahne, man muss Elvis ja nicht alles nachmachen. Das zehn mal fünf Zentimeter große Stück, muss Elvis selbst gebacken haben, 2,30 € der trockene Witz.

Jetzt gibt’s Filmausschnitte, Elvis in der Karateschule, Elvis haut sich mit Red West, Red West kloppt sich mit Elvis. Das ganze sinnfrei zusammengeschustert, kopfschütteln, ein Bier bitte. Da! Es rumort an der Türe, wer da? Red West? Nein, zu meiner Überraschung betritt Otto Sander den Saal, also dass der Elvis-Fan ist, wahnsinn, unglaublich. Finden die anderen im Saal auch und klatschen frenetisch. Otto geht gleich zügig durch zur Bühne, kräftiger als sonst sieht er aus, der weiße Bart ganz kurz gestuzt, die stahlblauen Augen zwinkern freundlich, er streicht sich durchs rötlich schimmernde Haar und sagt: „Hello, I´m Red West.“ Na, dann. Ich klatsche jetzt auch ganz doll, ahnt man ja nicht.
Ganze dreißig Minuten erzählt West Belanglos-bekanntes, singt „Muß I den zum Städtele hinaus“ und haut noch kurz verbal auf Colonel Parker drauf. Elvis Manager so was wie die Yoko Mono der Elvisgemeinde.

Das war es auch schon, Musik ab, „Sue & The Flaming Stars“ entern die Bühne, Sue freut sich sehr, den West singt mit ihr Johnny B. Good. Dann lässt er Sue mit uns alleine, Sue singt Sachen von ihrer neuen Platte und drei Lieder vom King. Gerade will ich gehen, da stürmt der Veranstalter auf die Bühne, ja, Sensation, Red hat Lust noch ein bisschen was zu erzählen. Ich setzte mich matt wieder hin, höre mir drei weitere uralte Geschichten an, Elvis säuft mit Tom Jones Champagner um die Wette, Elvis inszeniert einen Mordanschlag auf sich selbst, Elvis malt im Imperial in Las Vegas den theatereigenen Engel schwarze Gesichter und sagt die bemalten Gipsfiguren Abends als „The Sweet Inspirations“ an. Der Lausbub, der lustige!
Unterhaltungswert hat da nur der Übersetzer, der „son of a bitch“ mit „Schwein“ übersetzt und „unloaded Weapon“ mit „leere Pistolenhülsen“.
Dann Feierabend. Nach der Devotionalien-Auktion und bevor Sue noch mal singt, gehe ich nachhause.

Elvis-Fans haben es schwer, haben gerade für 25 Euro einem Mann zugehört, der aussieht wie Otto Sander und Geschichten erzählte, die alle schon kannten.
Naja, eine Cd gab es ja auch noch.

Da ist Elvis Stimme drauf. Seine lustigsten Bühnenansagen live, zwischen 1970 und 1974.

So. Zum Abschluß der Geburtstagsparty empfehle ich noch schnell die in Romanform geschriebene Elvis-Bio „Heartbreak Hotel“ von Mark Childress (Goldmann 1995) und lege zur Feier des Tages eine Platte der völlig unterschätzten „Wall of Voodoo“ auf, „Happy Planet“, der Song heißt

Elvis Bought Dora A Cadillac

It was 1957, Evlis Presley came in the
Spanish restaurant where Dora was working.
Dora took the order, bussed the plates,
poured the coffee as the party ate.
Col. Tom paid the check and Elvis Presley
left the tip, a brand new Cadillac....

And the Gods I loved were poor white trash.
One was making wine in Canaan, the other
tipping waitresses Cadillacs...

Twenty years later when Elvis died she parked
the Caddy in the drive. With plaster statues,
lights, and stands she called her front yard
PRESLEY LAND. She said he was just a poor man's
son who never forgot where he'd come.
Now that he is dead and gone she shares
her gift with everyone....

And the Gods I loved were poor white trash.
One was making wine in Canaan, the other
tipping waitresses Cadillacs...

The landlord had all he could stand.
Better cash was close at hand.
The land, the land, the land was in demand.
"Down the way they're selling German cars.
British clothes to movie stars.
We can kick the Spanish out for good,
rejuvenate the neighborhood. I'm the laughing
stock of all my friends, with that crazy old
woman and her Presley Land..."

When she was left with nothing, she said
"They sold my house, can't get it back,
could hardly raise the cash if I sold
my Cadillac...even if I could do that."

And the Gods I loved were poor white trash.
One was making wine in Canaan, the other
tipping waitresses Cadillacs...
.............................................................
This song is based on a combination
of Dora's own words, and the stories
told in the neighborhood.
Her place was torn down to make way
for a used car lot. Anybody who knows
how dora might be contacted,
please inform us through the address
given below.

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