Dem Herrn Paulsen sein Kiosk |
Samstag, 13. Dezember 2008
Konzert Review: Peter Fox & Cold Steel Drumline, Große Freiheit, Hamburg, 10.12.2008
herr paulsen
11:07h
„Ich baue schöne Boxentürme, Bässe massieren eure Seele. Ich bin die Abrissbirne für die d-d-d-deutsche Szene…“ Ich habe bis zu diesem Konzert nicht mal geahnt was den Menschen Peter Fox Album Stadtaffe bedeutet, frenetischen „Szenenapplaus“ nach einzelnen Strophen habe ich in meinem reichen Konzertleben noch nicht erlebt. Klar war nur: die ausgerufene „Abrissbirne für die deutsche Szene“ galt auch der deutschen Musikszene, wenn gleich Pierre Baigorry alias Peter Fox das selbst in aller Bescheidenheit nicht so benennen würde, aufmerksame Zuhörer hören das. Der Mann der schon einmal mit der deutschen Reggae-Band „Seeed“ das deutsche Pop-Gehör nachhaltig bereicherte, hat mit seinem Soloalbum ein Wunder geschaffen: sein Album, eingespielt mit dem Filmorchester Babelsberg und viel Schlagwerk ist nicht nur innovativ - es wird auch gehört. Foxs schnelle, schlaue Lyrik macht Spaß, ein galanter Poet. Seine Reime passen in die Zeit und sprechen ein vielschichtiges Publikum aller Altersgruppen an („Schüttel deinen Speck“ ab 13 J., „Haus am See“ ab 35 J.). Dieses Album lieben sogar Menschen die sich schon vor zehn Jahren von der aktuellen Popmusik verabschiedet haben. So stellt sich denn auch das Konzertpublikum dar, schön halbe-halbe die Gruppe der Teens&Twens und die der 30somethings. Letztere sind immens überfordert mit dem Auftritt der Vorband „Marsimoto“ aus Berlin, ich war gottlob vorgewarnt, ich durfte die die extremst verstrahlten Hip-Hopper („Der Nazi und das Gras“) schon einmal als Vorgruppe von Jan Delay kennen lernen und freue mich ehrlich gesagt über das Wiedersehen, ich mag den trockenen Electro-Sound und diesen Helge Schneider-schrägen Humor („Du bist Single, ich mach nen Album“). Man möchte meinen, Berliner Hip-Hop hats schwer auf Hamburger Bühnen, aber keine Spur, Marsimoto haben nicht nur mit Jan Delay gearbeitet, sondern jüngst auch mit den Jungs von Deichkind, auf deren Album sie als Gäste vertreten sind. Und so kommen wir gegen Ende des kurzen Mini-Gigs auch in den Genuß von Deichkinds Hit „Remmi Demmi“ im „Osten Powers Mix“. Die Hütte brennt. Sichtlich erfreuts die Berliner, es werden schnell noch die Fußballvorlieben des Hamburger Publikums erfragt. HSV? So ungefähr acht zögerliche Handzeichen. FC St. Pauli? Die übrigen 1492 schnellen in die dicke Luft. Wäre das auch geklärt. Das Licht geht aus, Schwarzlicht an, neonbekleidete Affen entern die Bühne, leuchten wie die Achtziger. Unfassbare 15 Musiker hat Peter Fox mitgebracht, die Bassmaschine rollt an, das Publikum explodiert aus dem Stand, 200 Prozent Aufmerksamkeit, die ersten Reihen springen schon Richtung Saaldecke, alle singen alles mit, Ganzkörpergänsehaut galore. Heimliche Stars sind die wunderbaren Jungs von Cold Steel Drumline. Die Drum-Artisten sind aus den Videos bekannt, live begeistert die virtuose Artistik der vier Ausnahme-Drummer noch mehr, Können und eine ausgesprochenes Faible für Komik tragen die ausgefeilte Choreographie die ständig staunend klatschen lässt. Glasklare Soundwände, stimmgewaltige Backgroundsänger, sensationelle Bläsersektion, alles da, es gibt viel zu sehen und dick aufs Ohr. Schönes Leben, schöne Welt! Und auch die leisen Sachen verzaubern live („Ich Steine, Du Steine“). Apropos Choreographie, hier hat sich der Perfektionist Baigorry an das Seeed-Rezept gehalten, mehr ist mehr, selbst wer gerade nichts zu tun hat, steppt uniformiert und in festgelegten Moves über die Bühne. Die Liebste nannte Seeed deshalb einmal eine „Reggaeboyband“, ich habe zwei Tage nicht mehr mit ihr gesprochen und konnte nie wieder ein Seeed Konzert besuchen, aber Recht hatte sie, am Ende waren Seeed genau deshalb die Backstreetboys der Deutschen Dancehall. Und extrem erfolgreich. Das Album ist schnell gespielt, die Große Freiheit brennt, Peter Fox könnte jetzt auch Reinhard Mey-Songs klampfen, das Publikum läge ihm zu Füssen. Grinsend schickt uns Baigorry in den Himmel, mit „Remixen einiger Songs der anderen geilen Berliner Band“. „Dickes B“ erklingt und Hamburger werden im Basslauf zu Berlinern. Die Coverversionen der Seed Songs sind fantastische Bearbeitungen des Wohlbekannte, Dancehallkracher werden zu schweren Rootsreggae-Versions, umgekehrt nehmen andere Seeed Songs ungewohnt Fahrt auf. Das Konzert, wie wahrscheinlich die gesamte Tour wurde mitgeschnitten, es wären diese Versions die den Kauf des Live-Albums zum Muß machen. Es waren dann „nur“ 75 Minuten Konzert, 75 starke, intensive Minuten auf den Punkt, das Publikum ist kaputtgespielt, Bruthitze und Erschöpfung, das war sensationell, vielen Dank. Peter Fox entschuldigt sich unnötiger Weise zum Ende der Show für die Spielkürze „wir fangen gerade erst an und freuen uns Euch am 3. März in der Alsterdorfer Sporthalle wieder zu sehen, dann auch länger.“ In der Alsterdorfer Sporthalle. Ach Du liebe Güte! Ich war jedenfalls dabei, bei dem legendären Hamburg-Auftritt 2008. Damals noch in der Großen Freiheit! Links zum Thema: Peter Fox: Marsimoto Peter Fox auf Tour: 15.02.2009 Atelier, Luxemburg Das Album, seit 30.10 auch als Doppel- Vinyl!
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