Dem Herrn Paulsen sein Kiosk
Samstag, 5. April 2008
Zahlenstöckchen zum Jahr der Mathematik


Motiv als Postkarte bei filousophie erhältlich

Der Webzettel-Blog lädt ein zum Zahlenstöckchen, fragt nach Zahlenmagie und Zahlenabneigung, den Lieblingszahlen und Zahlenerlebnissen. Für mich ist das ein Stolperstöckchen, denn meine Beziehung zur Mathematik ist auf obiger Postkarte trefflich zusammengefasst. Die Mathematik und ich wir gehen einander aus dem Weg wenn möglich, reden nur das Nötigste miteinander. Das ist so, seit ich denken kann und ich kann denken; nur eben nicht mathematisch.

Es begann mit dem Bruchrechnen. Komplizierte Sache. Ich versuchte damals noch drei-vier Mathematikstunden lang das Unbegreifbare zu begreifen, dann begann ich Zeichnungen und Cartoons in mein Matheheft zu kritzeln und verschwand für immer. Die Mathehefte meiner gesamten Schulzeit lassen eher auf Kunstunterricht schließen. Die Mathestunde begann, ich schlug mein Heft auf und kritzelte los. Erstaunlicherweise hielt man mich auch nicht lange auf, sehr schnell verabschiedeten sich auch die Lehrkräfte von mir, man lies mich machen und ich bekam bis zum Ende meiner Schulzeit eine Sechs in Mathematik (manchmal von gnädigen Lehrern eine Fünf für Anwesenheit). Dadurch war ich permanent Versetzungsgefährdet, eine weitere Fünf oder Sechs konnte ich mir nicht leisten. Meine Schulzeit war eine bedrückende Zitterpartie, denn es gab ja auch noch die Physik und die Chemie, die ein gesundes Zahlenverständnis und logisches Denken voraussetzten. Ein ewiger Scheißkampf. Nach der elften Klasse habe ich aufgegeben. Meine eigentlichen Begabungen und Talente entdeckte ich erst danach, es war zuvor keine Zeit dafür.

In der Berufsschule für Köche und Fleischer erreichte ich dann aus dem Stand die Note Zwei in Mathematik. Das ist kein Witz: drei Jahre übten wir dort die Grundrechenarten. In den folgenden Jahren war Mathematik über die Grundrechenarten hinaus nicht erforderlich, erst mit dem Schritt in die Selbstständigkeit wurde es wieder bedrohlich, heute habe ich mich weitestgehend mit meiner Rechenschwäche arrangiert.

Ich habe mir Menschen gesucht, die meine Finanzen regeln und mir immer wieder geduldig alles erklären, wenn ich noch mal nachfragen muss. Auf meinem Computer befinden sich Rechnungsvordrucke und Tabellen in die ich nur noch die Zahlen eingeben muss, die letzte mathematische Herausforderung war die Erhöhung der Mehrwertsteuer, jemand änderte die Formular-Formeln dementsprechend für mich. Schwitzige Hände bekomme ich heute nur noch kurz beim addieren zweier Zahlen in einem Spamschutz-Kästchen.

Meine Unwissen über die Mathematik bediente auch lange Jahre viele Vorurteile; Mathematiker waren mir immer suspekt. Erst über das Bloggen habe ich meine Meinung relativiert und gleich zwei Mathematiker kennen gelernt. Heute treffe ich diese wunderbaren Menschen auch ab und zu privat und ich bin immer noch jedes Mal erstaunt, was für fröhliche, schlaue, lustige und herzliche Menschen die beiden sind und dass die auch mit mir reden und dass wir gemeinsame Themen haben. Und den Betreiber des Webzettel-Blogs, der mich um diese Stellungnahme zur Mathematik bat, schätze ich als DJ und Musik-Kenner. Dass er auch in der Zahlenwelt zuhause ist, hätte sich Früher für mich ausgeschlossen. Dabei ist gerade die Musik wohl jene Sprache, die sich auch stark aus dem Vokabular der Mathematik speist. Und in diesem Fall muss ich dann doch versöhnlich knödeln: Na gut, Mathe find ich prima.

Links zum Thema:

Faulheit oder Rechenschwäche?:

http://de.wikipedia.org/wiki/Dyskalkulie

2008-Das Jahr der Mathematik:

http://www.jahr-der-mathematik.de/