Dem Herrn Paulsen sein Kiosk
Freitag, 11. Januar 2008
Arm ab, Wein alle. Mit der Liebsten in „I Am Legend“.

Gestern Abend habe sich die Liebste und ich „I Am Legend“ angesehen. Wirklich beeindrucken. Will Smith, vermeintlich letzter Mensch auf Erden, wandert durch das langsam zuwuchernde New York, versucht sich auf dem Time Square an der Rehjagd und hört Bob Marley. Der amerikanische Filmtheoretiker und Autor Jerome Charyn hat dazu eine ausführliche und sehr intelligente Filmkritik in der „ZEIT“ veröffentlicht.

Da spare ich mir eigne dürre Worte und komme gleich zum Wesentlichen: ab Filmmitte bekommt Will Smith massive Probleme mit blutrünstigen, tageslichtscheuen Gestalten. Die treten im Minutentakt, und unter Ausnutzung billiger Schrecksekunden, mit unglaublichem Getöse aus der vorangehenden Stille. Das allein verursacht bei mir noch keinen Kabelbrand im Herzschrittmacher, ich bin ein versierter Spannungsfilme-Kucker. Nicht so die Liebste an meiner Seite. Sie meidet sonst cineastische Albträume darum waren sowohl sie als auch ich gestern unvorbereitet auf den gemeinsamen Schrecken.

Blitzangriff brüllender Bestien: unvermittelt versucht die Liebste mir mit roher Gewalt meinen ihr zugewandten Arm abzureißen. Dabei hüpft sie mehrere Zentimeter aus dem Kinosessel in die Luft, was die Zerrkräfte an meinem Arm noch erhöht. Während ich den unerwarteten Angriff Untoter auf der Leinwand noch leichtherzig wegstecke, verursacht der plötzliche Versuch einer Armamputation derartige Schrecksekunden (Mehrzahl), dass auch ich spielend in der Lage bin mehrere Zentimeter aus dem Sitz zu springen. Dann vergräbt die Liebste ihr Gesicht in meinem Pullover. Sie sieht jetzt nichts mehr. Ich atme schnell. Sie klammert sich immer noch an meinen Arm. Sehr fest. Läuft nicht auch eine Hauptschlagader durch den Arm? Jedenfalls werden schon bald meine Fingerspitzen taub. Ich löse den Griff. Mühsam. Finger für Finger.

Im Film wird auch gesprochen. Die Liebste und ich, wir entspannen uns. Ich schenke mir ein Gläschen Rotwein ein (gerade im Kino gilt es der Nacho & Industriebrause-Fraktion etwas entgegenzusetzen). Leider verstehe ich nichts von Physik. Fliehkräften und so. Mir ein Gläschen Wein einzuschenken, war jedenfalls eine doofe Idee. Die nächste Zombie-Angriffswelle. Der Liebsten Armriss folgt ohne Zeitverzögerung. Mein Arm und meine Hand und das darin befindliche Weinglas geraten in plötzliche Schwingung, der Rotwein schraubt sich elegant aus dem Glas zur Kinosaaldecke, teilt sich in tausende kleine Rotweintröpfchen die kurz zur Feuerwerksrose erblühen, bevor die Schwerkraft zugreift, und wir und unsere Sitznachbarn im Rotweinregen sitzen.

Als nächstes kucken wir gemeinsam irgendwas mit Liebe und Romantik und so.