Dem Herrn Paulsen sein Kiosk
Sonntag, 29. Juli 2007
Mixed Pickles #8: Herr Baumann im Kasten, das kürzeste Interview der Welt, Tiefkühlpizza und das neue Manu Chao-Album

Herr Baumann im Kasten


Foto:ORF

Das Österreichische Fernsehen ist bekannt für sein oft unkonventionelles Sendungsbewusstsein, erinnert sei an „SoN“ oder die von mir kultisch verehrte „Phettbergs nett Leit Show“ (Frucade oder Eierlikör?). Jetzt hat sich der ORF dieser schönen Tradition erinnert und „Willkommen Österreich“ wiederbelebt. Nur der Name gemahnt noch an die volkstümliche Boulevardsendung von einst. Die Moderatoren, das Satirikerduo Stermann&Grissemann, thematisieren in jede Sendung eine Phobie, laden dazu Gäste ein und reden und reden und reden. Oder schweigen. Kochen Quallen. Machen Probeliegen in Särgen. Und reden. Und schweigen. Dazu orgelt Philip Quehenberger düstere Keyboard-Kaskaden. Ein Format das fordert, sich den üblichen Regeln der Unterhaltung verweigert, sein Humor entfaltet sich nur sehr Hintergründig. Vielleicht ist es auch hilfreich Österreicher zu sein. Dankenswerter Weise lassen sich alle Folgen auch im Internet ansehen und ich möchte auf eine Perle der Sendereihe hinweisen: Herr Baumann. Herr Baumann lebt seit 22 Jahren in einem, mit Alufolie ausgekleidetem Wohnzimmerschrank, der im Studio steht und in jeder Sendung einmal geöffnet wird. Dann erzählt der Berufs-Phobiker Frank Baumann von seinem Leben im Schrank („Habe Sie eigentlich Luft wenn ich die Tür wieder zumach?“ - „Ja in der Lunge.“), präsentiert Globuli mit Makrelengeschmack („Da sind ja Gräten drin!“) oder selbst gebastelte Maschinen wie den Gameboy mit Internetzugang oder den Oma-Nuss-Konverter („Geb mir eine Nusch!“). Grandios, zumindest ich hab Tränen gelacht. Die Baumann-Auftritte sind nicht leicht zu finden, hilfreich sind die kleinen Vorschaukästchen unter dem Videobild. Und irgendwie erinnert mich Herr Baumann an jemanden, den ich kenne. Ich komm noch drauf.

Die Sendung online:

http://www.willkommen-tv.at/

Das kürzeste Interview der Welt

Apropos ORF. Einmal wäre ich fast im Österreichischen Fernsehen gewesen. Mit dem kürzesten Interview der Welt. Auf den Wiener Literaturtagen führten Tex Rubinowitz und ich 2003 in der Kunsthalle ein „orchestrales Kochen“ auf: die Autoren Michael Lentz, Albert Ostermaier und Ginka Steinwachs kochten auf der Bühne eine Gericht, die entstehenden Geräusche wurden von zahlreichen Mikrophonen aufgenommen, verfremdet und in brüllender Lautstärke über riesige Boxen abgespielt. Alleine die 22 Toaster unterschiedlicher Hersteller waren lauter als jedes Rammstein-Konzert. Dann das Interview mit dem ORF-Kulturjournal, das ich hier erstmals in voller Länge wiedergebe:

Reporter: „Herr Paulsen, sie haben ein Werk verfasst, mit dem Namen „Das Auge isst mit.“
Ich: „Nein.“
Reporter: „Herr Paulsen, ich danke für das Gespräch.“

Kleiner Küchentipp: so wird Tiefkühlpizza noch knuspriger!

Apropos Kochen. Ulrich Fichtner geht in seiner wöchentlichen Spiegel-Kolumne „Fichtners Tellergericht“ diesmal der Frage nach, wieviel man über Essen und Trinken wirklich wissen muss und beleuchtet „kulinarische Super-Kenner und Mikrowellen-Dumpfheimer“.

Für „Mikrowellen-Dumpfheimer" die im Besitz eines Backofens sind, habe ich einen super Kochtipp, den mir der Zufall neulich in den Ofen schmuggelte: Tiefkühlpizza wird viel knuspriger und geht schöner auf, wenn man die Pizza vor dem Backen auftauen lässt. Achtung, verkürzte Backzeit. Ergebnis: absolut verblüffend.

Das neue Manu Chao-Album und die Hamburger Morgenpost

Was habe ich auf dieses Album gewartet! Sechs Jahre, genau gesagt. „La Radiolina“ erscheint am 31. August und einen Vorgeschmack darauf gibt es auf der Homepage von Manu Chao:

http://www.manuchao.net/

Unter „La Radiolina“ öffnet sich ein Player mit einigen Songs aus dem neuen Album. Klingt grandios, vielschichtiger und voluminöser als die Vorgänger, stark orientalische Einflüsse, bisschen Cuba, aber auch der typisch rumpelige-reduzierte Manu Chao-Sound.

Die offizielle Singelauskopplung „Rainin in Paradize“ dagegen klingt sehr gefällig, pop-rockig, aber das ist ja vielleicht auch die undankbare Aufgabe von Singleauskopplungen. Gelungen ist aber das dazugehörige Video von Emir Kusturica (!) , das im März in Argentinien gedreht wurde:

An dieser Stelle noch mein herzlicher Dank an die Hamburger Morgenpost, die am Mittwoch, den 25. Juli. 2007 behauptete, das Album sei bereits erschienen.

Und wer läuft daraufhin durch vier Plattenläden, macht sich zum Affen und muss dann letztendlich im Geiz ist geil-Kaufhaus erfahren, dass es noch ein paar Wochen dauert? Genau! Nee, toll danke. Trotzdem, Vorfreude ist eben doch die schönste Freude.