Dem Herrn Paulsen sein Kiosk
Dienstag, 23. Januar 2007
"Da schmeckt was vor!" - Ein Kochstöckchen

Ami
wirft ein Stöckchen. Es geht ums Kochen. Immer gerne:

1) Kannst du kochen? Wenn ja, kochst Du gerne?

Ja, ich kann kochen, habe das zumindest gelernt. Demut überfällt mich aber bezüglich dieser Ansage, wenn ich vom Sternekoch Wahabi Nouri lese, der in einem Interview sagt: „Mein Heilbutt wird immer besser.“ Bedeutet: dass auch Kochen lebenslanges Lernen ist. Das ist auch gut so, denn ich liebe Kochen, Kochen ist mein Leben, mein Beruf, meine Passion.

2) Wann isst bei Euch die ganze Familie gemeinsam?

Immer Abends. Wir sind nur zu Zweit, arbeiten beide. Das Abendessen, ist der zentrale Punkt, es ist Belohnung und Zweisamkeit. Tagsüber haben wir uns beide hektisch irgendwo, irgendwas reingezogen, erst Abends wird Essen zum Genuss. Abends warm zu essen macht übrigens weder dick, noch kann man danach schlecht schlafen. Kurzgebratenes mit Salat, schlanke Nudelgerichte...leichte Feierabendküche erfreut Leib und Leben.

3) Was isst Du zum Frühstück?

Milchkaffee und Zigarette. Erst gegen 12:00 Uhr kommt bei mir der Hunger. Das ist so falsch wie furchtbar, ich kann aber nicht anders. Ausnahme ist der Sonntag. Da Frühstücken wir ausgiebig. So um 12:00 Uhr.

4) Wann, wo und wie esst ihr in der Woche?

Frühstück vor dem Computer. Während des Tages esse ich bei der Arbeit eigentlich ständig irgendwas und freue mich auf den Abend.

5) Wie oft geht ihr ins Restaurant?

4-6 Mal im Monat. Der Restaurantbesuch ist uns das Schönste. Irgendwie sind wir dabei immer wieder frisch verliebt und wir sprechen dabei viel konzentrierter miteinander, als wir das in der Wohnung tun, wo Internet, Fernsehen, Bücher und Telefon ablenken.

6) Wie oft bestellt ihr Euch was?

Nur im Notfall. Bei Krankheit oder Krieg. Es dauert einfach zu lang, es ist alles lauwarm, es schmeckt selten wenigstens ein bisschen. Brrrrh.

7) Zu 5 und 6: Wenn es keine finanziellen Hindernisse gäbe, würdet ihr das gerne öfters tun?

Nein. Bei Restaurantbesuchen fürchte ich Übersättigung. Bei Bestellungen, aus ganz anderen Gründen, auch.

8) Gibt es bei Euch so was wie “Standardgerichte”, die regelmäßig auf den Tisch kommen?

Spaghetti Bolognese. Steaks mit grünen Bohnen und Ofenkartoffeln, dazu Sauce Bernaise.

9) Hast Du schon mal für mehr als 6 Personen gekocht?

Oh ja.

10) Kochst du jeden Tag?

Ja.

11) Hast Du schon mal ein Rezept aus dem Kochblog ausprobiert?

Nein. Ich koche nie nach Rezept. Ich lasse mich inspirieren, experimentiere dann aber sehr gerne.

12) Wer kocht bei Euch häufiger?

Vorgestern hat die Liebste zum ersten Mal in unserer vierjährigen Beziehung für mich gekocht. Es gab Labskaus und es schmeckte sehr gut. Das Rezept war aus dem Kochbuch Ihrer Großmutter und endete mit dem schönen Satz: Als Höhepunkt brät man sich ein Spiegelei.

13) Und wer kann besser kochen?

Dieter Müller, André Jaeger, Albert Bouley, Ferran Adria, Alain Ducasse (und das sind nur meine Lieblingsköche).

14) Gibt es schon mal Streit ums Essen?

Nein, gemeinsam wählen wir aus, was es Abends zu essen geben soll und ich koche auch immer für 4-6 Personen, es gibt reichlich (siehe 16.). Diskussionen um die Zubereitung gibt es allerdings auch reichlich. Standardsatz der Liebsten: „da schmeckt was vor.“ Dass ich meine Bolognese mit Rotwein zubereite ist ein ewiger Streitpunkt und als ich neulich ein Eisbein mit einer Stange Zimt kochte, wäre ich fast wieder Single gewesen. Als dann Alain Ducasse kurze Zeit später ein Eisbein-Rezept mit Zimt veröffentlichte, welches ich der Liebsten triumphierend vor die Nase hielt, antwortete Sie: „ Der hat auch keine Ahnung.“

15) Kochst du heute völlig anders, als Deine Mutter /Deine Eltern?

Definitiv. Völlig anders. Schneller, unkomplizierter und ich arbeite mit mehr frischen Kräutern, sowie einer Palette von Gewürzen. Das ist aber nicht mein Verdienst, sonder das zeigt nur, dass sich das Verständnis von Kochen einfach weiter entwickelt.

16) Wenn ja, isst Du trotzdem gerne bei Deinen Eltern?

Ja sehr gerne. Bei uns wurde immer sehr gut gegessen, es drehte sich alles ums Essen, die gemeinsamen Mahlzeiten waren sehr wichtig. Leider gab es auch unerfreuliches bei Tisch: Es gab alles im Überfluss, kein Grund zu klagen, nur waren die Köstlichkeiten aus irgendeinem Grund limitiert, der leiseste Anflug von Völlerei (zwei Scheiben Schinken aufs Brot) wurde im Keim erstickt. Das gute Essen war da, wurde aber bei Tisch durch prüfende Blicke eingeteilt. Zudem war mein Vater der Meinung, jedes Familienmitglied habe sich sein Essen zu verdienen, nicht durch Arbeit oder Kostgeld, sondern durch einfaches „Funktionieren“. Ich funktionierte nicht. Schlecht in der Schule, faul, desinteressiert, unsportlich, ich war eine einzige Verweigerung. Ich mochte aber gutes Essen und es wurde sehr gut gekocht bei uns, meine Mutter war großartig in der Küche. Wenn ich also, mit gutem Appetit, kräftig zulangte bei Tisch, wurde das mit Sprüchen wie: „Bei der Arbeit frieren und bei Tisch schwitzen, unser Sohn.“, kommentiert und unterbunden. Ich fing dann an, zuhause Miniportionen zu essen und knallte mir anschließend in der Stadt, in zwei Minuten, eine Tüte Chips und drei Bifi rein, das schmeckte nicht, das war Protest.
Ich bin mit 18 ausgezogen und habe in meiner ersten Wohnung eine Volx-Küche für Freunde aufgemacht. So mit selbst gemaltem Plakat: „Ohne Mampf kein Kampf“. Es gab eine Kasse, da haben alle Geld rein geworfen und ich hab eingekauft und gekocht. Es gab Berge von Essen und auch die Leute die noch zuhause gewohnt haben, die sind zu mir zum Essen gekommen. Die besten Partys sind daraus entstanden und das war auch eine schöne Art zu lernen, Essen macht Spaß und jeder isst soviel er kann und will. Ich bin da trotzdem nie mehr richtig runtergekommen, ich haue mir heute den Schinken fingerdick aufs Brot, mein Kühlschrank ist immer proppenvoll, nur die geilsten Sachen, ich koche für Legionen auch wenn es nur für uns zwei Menschen sein soll. Ich habe überhaupt kein Verhältnis zu Mengen, ich kaufe zum Beispiel sechs Schnitzel für zwei Personen. Ich esse dann zwei und staune, dass ich wirklich satt bin. Das dritte schmeckt am nächsten Tag, kalt und ist auch nicht so wichtig.
Wichtig ist für mich nur die Option: ich könnte jetzt drei Schnitzel essen.

17) Bist Du Vegetarier oder könntest Du Dir vorstellen vegetarisch zu leben?

Unvorstellbar. Die vegetarische Küche selbst ist aber eine wunderbare Herausforderung, ich koche gerne fleischlos, bis mich die Fleischeslust wieder einholt.

18) Was würdest Du gerne mal ausprobieren, an was Du Dich bisher nicht rangewagt hast?

Schlachten und Wursten.

19) Kochst Du lieber oder findest Du Backen spannender?

Ich kann nicht Backen. Ich bin zu ungeduldig. Das genaue Abwiegen nervt. Die Liebste ist aber eine Back-Göttin.

20) Was war die größte Misere, die Du in der Küche angerichtet hast?

Das können Sie hier
nachlesen.

21) Was essen Deine Kinder am liebsten?

Ich habe leider keine Kinder.

22) Was mögen Deine Kinder überhaupt nicht?

Ich habe Gott sei Dank keine Kinder.

23) Was magst Du überhaupt nicht?

Austern.

Ich werfe das Stöckchen den Herren Andropov und Mequito in die Küche.