Dem Herrn Paulsen sein Kiosk
Montag, 15. Januar 2007
Zweimal lokale Umweltverschmutzung

Das Max & Consorten in St. Georg gehört zu jenen Ess-Kneipen, die an studentische Treffpunkte der 70er und 80er Jahre erinnern, hölzern und dunkel, schwerst verraucht, mit linkem Politstammtisch und Weltverbesserungsvorschlägen an Pinnwänden und Klokacheln. Der hölzerne Tresen im Max und Consorten glänzt speckig wie die angebotenen Bratkartoffeln, ist abgewetzt von den Bäuchen einer gescheiterten Revolution. Bis halb Zwölf ist die Küche geöffnet, welch ein Glück, wir bestellen Bier und Bratkartoffeln mit Spiegeleiern. Aus den Boxen knödeln selbstverliebte Gitarren aus einer anderen Zeit. Irgendwie Iron Butterfly. Irgendwie Krautrock. Progressiv Rock. Meine Güte, soviel Selbstironie hätte ich dem Laden gar nicht zugetraut, man sitzt ein bisschen wie in einem Dokumentarfilm über die linksautonome Szene der 70er Jahre im Allgäu. „Was ist denn das für eine interessante Musik, die ihr da spielt.“, frage ich die junge Kellnerin. Genervter Augenaufschlag: „die hat ein Gast mitgebracht!“

Ich will es jetzt wissen. Großer Fehler, der Gast naht. Ein kleiner, untersetzter Mann mit struppigem schwarzem Haar. „Ihr interessiert Euch für die Musik?“ fragt er begeistert. „Ööhm, puhh, jooo…“ erklären wir, wenig euphorisiert. Er erklärt die Bands. Das was jetzt gerade eben lief, das gibt es gar nicht mehr zu kaufen. Das hat er gebrannt. Tolle Musik, oder? Ich hebe die Hände wie der Papst beim Ostersegen, wackle ein wenig mit dem Kopf und rolle ein wenig mit den Augen. Alle starren angestrengt in ihre Biergläser. Da fällt der Mann ein bisschen in sich zusammen, ganz traurig werden seine Augen, nur einen Moment, dann richtet er sich wieder auf, streckt den Rücken durch und sagt mit fester Stimme: „Dafür rauche ich nicht!“, dreht sich um und geht.